Pflanzenheilkunde

Die Teetherapie funktioniert nicht? Das sind häufige Hindernisse

10. Mai 2023

Abwarten und Tee trinken, und abwarten und… Du hast die passenden Heilpflanzen ausgewählt, sie richtig zubereitet, aber sie scheinen einfach nicht zu wirken? Meiner Erfahrung nach gibt es ein paar Hindernisse, die bei der Teetherapie auftreten können. Die meisten davon kannst Du selbst beheben.

Sebastian Vigl

Lesezeit: 4 Minuten

Die Teetherapie ist eine günstige und effektive Methode, Heilpflanzen zu sich zu nehmen. Doch bis die Heilpflanzen wirken, dauert es bisweilen ein Weilchen. Und mitunter setzt die Wirkung auch gar nicht ein. Woran kann das liegen, und was ist dann zu tun?

Wenn Heilpflanzen nicht wirken, kann das verschiedene Gründe haben. Vielleicht verwendest Du Heilpflanzen, die bei Deinen Beschwerden gar nicht angezeigt sind? Ob Du also eventuell die falschen Heilpflanzen verwendet hast, gilt es dann zunächst zu klären, beispielsweise indem Du Fachliteratur zu Rate ziehst oder mit einer Apothekerin, einem Arzt oder einer Heilpraktikerin die verwendeten Heilpflanzen besprichst.

Selbst wenn Deine Heilpflanzen zu Deinen Beschwerden passen, können jedoch Hindernisse bestehen, die den Therapieerfolg schmälern. Ich zeige Dir ein paar, die mir in meiner Praxisarbeit häufiger begegnet sind. 

Die Darmflora: das Therapeutenkollektiv im Darm

Wenn Du einen Tee trinkst, profitierst Du davon nicht sofort. Denn bevor die pflanzlichen Wirkstoffe in Deinen Blutkreislauf gelangen, treffen sie auf die Bakterien in Deinem Darm. Zum Glück, denn viele Vitalstoffe wären für Dich nutzlos, wenn bakterielle Enzyme sie nicht aufbereiten würden. Wie Darmbakterien pflanzliche Wirkstoffe aktivieren, darüber kannst Du mehr im Beitrag: Wie Deine Darmflora die Wirkung Heilpflanzen steigert lesen.

Sind die Bakterien, welche die Pflanzenwirkstoffe für uns aufbereiten, nicht ausreichend vorhanden, schmälert das die Wirkung der Heilpflanzen. Ein Beispiel: Bakterienarten wie Adlercreutzia equolifaciens oder Slackia isoflavoniconvertens wandeln Isoflavone wie Daidzein um. Daidzein findet sich zum Beispiel in Sojabohnen, Sojaprodukten und in der Heilpflanze Rotklee (Trifolium pratense). Daidzein fördert zum Beispiel den weiblichen Östrogenstoffwechsel, indem es den Abbau von Östrogen hemmt. [1] Dies könnte sich positiv bei Östrogenmangel auswirken, zum Beispiel während der Wechseljahre. Einen stärkeren Effekt des Daidzeins haben Frauen, die Bakterienarten wie Adlercreutzia equolifaciens oder Slackia isoflavoniconvertens in ihrem Darm beherbergen. In Japan finden sich diese Bakterien zum Beispiel bei einem Drittel der Frauen. [2] Die beiden Bakterien wandeln Daidzein in das wirkungsvollere Equol um. Das Equol könnte im Körper eine stärkere östrogene Wirkung haben.

Grundsätzlich gilt für die Heilpflanzentherapie: Je diverser die Darmflora, desto größer die Wahrscheinlichkeit, dass pflanzliche Wirkstoffe im Darm für uns aktiviert oder optimiert werden. Meiner Praxiserfahrung nach ist der Zustand der Darmflora ein entscheidender Faktor, weshalb Heilpflanzen bei Menschen unterschiedlich wirken. Zum Glück lässt sich hier nachhelfen: Wir können mit der Pflanzenkraft das Milieu für eine diverse Darmflora schaffen und so das Milieu für die Pflanzenwirkung optimieren.

Die richtige Teezubereitung

Zweck der Teezubereitung ist es, aus dem getrockneten Pflanzenmaterial so viele Inhaltsstoffe wie möglich zu lösen. Hierbei gilt es verschiedenes zu beachten: Die Wassertemperatur und die Dosierung der Teekräuter müssen stimmen, und das Gefäß mit dem Teeaufguss muss während der Ziehzeit abgedeckt sein. Wie Du dafür sorgst, dass Dein Tee möglichst viele Wirkstoffe enthält, zeige ich Dir in meinem Beitrag: Aus Heilpflanzen einen Tee zubereiten – so geht’s richtig!

Auch die Teekräuter sollten möglichst von guter Qualität sein, also zum bestmöglichen Zeitpunkt geerntet und richtig getrocknet worden sein. Was es beim Trocknen von Heilpflanzen zu beachten gibt, darüber informiert Dich der Beitrag: Heilpflanzen trocknen – Do it yourself!

Unbedenkliche und inhaltsstoffreiche Heilpflanzen einsetzen

Heilpflanzen sind stark gefragt und die Quellen, aus denen wir sie beziehen können, sind sehr vielfältig. Entsprechend können sie in der Qualität variieren. Wer auf Nummer sicher gehen möchte, kann seine Heilpflanze über Apotheken beziehen.

Die Kraft des Bewussten bleibt oft ungenutzt

Vielen Naturheilmitteln wird nachgesagt, dass ihre Wirkung nicht über den Placebo-Effekt hinausgeht. Die meisten Heilpflanzen haben dieses Problem nicht: Ihre Wirkung liegt in Studien meist deutlich über dem Placebo-Effekt. Ein Grund zur Freude für uns Heilpflanzen-Kenner!

Die Wirksamkeit können wir aber dennoch steigern: Meiner Erfahrung nach macht es einen großen Unterschied, mit welcher Einstellung wir ein pflanzliches Heilmittel einnehmen. Unsere Geisteshaltung und unsere Imaginationskraft sind machtvolle Instrumente. Wir sollten sie nicht ungenutzt lassen. Sie könnten aus einem wirkungsvollen Tee einen noch wirkungsvolleren machen. Wie Du mit kleinen Ritualen den Effekt bei der Teetherapie steigern kannst, zeige ich Dir in meinem Beitrag: Wie Du durch kleine Rituale Deine Teetherapie bereicherst.

Gegen die Reaktionsstarre – die Selbstheilungskräfte anregen

Gerade bei chronischen Erkrankungen scheinen sich Beschwerden durch eine Teetherapie nicht oder nur sehr langsam zu bessern. Der Körper scheint nicht in der Lage zu sein, sich zu regenerieren oder adäquat auf die Teetherapie zu reagieren. Diesen Umstand können wir als Reaktionsstarre beschreiben. Hier muss meiner Erfahrung eine Vitalisierung auf mehreren Ebenen erfolgen. Eine Teetherapie alleine ist da oft unzureichend. Um den Organismus und seine Selbstheilungskräfte wachzurütteln, sind meiner Meinung nach ein mittelfristiger Wandel hin zu einem gesünderen Lebensstil und kurzfristig Kuren sinnvoll. Interventionen sollten auf die Erkrankung und die individuellen Anforderungen abgestimmt sein, weshalb ich keine pauschalen Empfehlungen geben kann. Hier bedarf es einem Gespräch mit Deiner Ärztin oder Deinem Heilpraktiker. Stell Ihnen die Frage: „Was kann ich ändern?“. Sicher haben sie sinnvolle Ratschläge für Dich, ob das nun ein Detox-Programm , ein Meditationsretreat oder eine Fastenkur ist.

Neben- und Wechselwirkungen von Heilpflanzen ernst nehmen

Heilpflanzen sind wirksamen Arzneien. Und wie viele andere wirksame Arzneien können sie Nebenwirkungen haben oder Wechselwirkungen mit Medikamenten verursachen.

Hinweis: Eine Teetherapie solltest Du daher immer mit Deinem Arzt oder Deiner Heilpraktikerin vorab besprechen. Denn sie können am besten abschätzen, ob Neben- oder Wechselwirkungen bei Dir zu erwarten sind.

Wenn Dir eine Teetherapie dennoch nicht bekommt, wenn bestehende Beschwerden stärker werden oder neue hinzukommen: Unterbrich Deine Teetherapie und kläre mit einem Apotheker, Deiner Ärztin oder Heilpraktikerin ab, ob Deine Teekräuter vielleicht doch Wechselwirkungen mit anderen Medikamenten oder Nebenwirkungen verursachen.

Und zum Schluss

Die Teetherapie ist eine wirksame Methode. Doch ihre Wirksamkeit hat auch Grenzen. Ein paar der Grenzen können wir ein wenig erweitern. Meiner Erfahrung nach ist es aussichtsreich, vor allem die Darmflora und eine eventuelle Reaktionsstarre bei chronischen Beschwerden zu berücksichtigen. Daneben ist die Kenntnis der richtige Teezubereitung und die Qualität der Teedrogen von Bedeutung.

Literatur

[1] Lehmann L, Jiang L, Wagner J. Soy isoflavones decrease the catechol-O-methyltransferase-mediated inactivation of 4-hydroxyestradiol in cultured MCF-7 cells. Carcinogenesis 2008; 29: 363–370. DOI: 10.1093/carcin/bgm235

[2] Yoshikata R, Myint KZ, Ohta H. Relationship between equol producer status and metabolic parameters in 743 Japanese women. Menopause 2017; 24: 2 16–222. DOI: 10.1097/gme.0000000000000743


Wichtiger Hinweis!

Wie jede Wissenschaft ist die Heilpflanzenkunde ständigen Entwicklungen unterworfen. Soweit in diesem Beitrag medizinische Sachverhalte, Anwendungen und Rezepturen beschrieben werden, handelt es sich naturgemäß um allgemeine Darstellungen, die eine individuelle Beratung, Diagnose und Behandlung durch eine Ärztin, einen Arzt oder eine/einen Apothekerin nicht ersetzen können. Jede/Jeder Nutzende ist für die etwaige Anwendung und vorherige sorgfältige Prüfung von Dosierungen, Applikationen oder sonstigen Angaben selbst verantwortlich. Autoren und Autorinnen und Verlag haben große Sorgfalt darauf verwendet, dass diese Angaben bei ihrer Veröffentlichung dem aktuellen Wissensstand entsprechen. Eine Haftung für Schäden oder andere Nachteile ist jedoch ausgeschlossen.

Für die meisten Heilpflanzen fehlen Studien zu Unbedenklichkeit bei der Anwendung in der Schwangerschaft und während der Stillzeit, sowie bei Säuglingen, (Klein-)Kindern und Jugendlichen unter 18 Jahren. Alle beschriebenen Anwendungen sollten daher, sofern nicht ausdrücklich im Beitrag anders beschrieben, bei diesen Personen und in diesen Lebensphasen nicht ohne ärztliche Zustimmung angewendet werden.

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