Pflanzenheilkunde

Bärlauch – eine Würdigung

5. März 2024
Bärlauchwiese

Vielerorts wirst Du im Frühling von einem durchdringenden, knoblauchartigen Geruch begrüßt, sobald Du einen Schritt vom Waldweg abkommst. Die meisten von uns kennen Bärlauch im Pesto oder im Aufstrich. Doch wusstest Du, dass wir es mit einer wahren Kraftpflanze der Heilkunde zu tun haben?

Martin Zwiesele

Lesezeit: 5 Minuten

Bärlauch als Pflanze

Bärlauch (Allium ursinum) ist ein Lauchgewächs. Er wird wegen seiner ähnlichen kulinarischen und medizinischen Verwendung zum Knoblauch (Allium sativum) auch wilder Knoblauch oder Waldknoblauch genannt. Ähnliche Bezeichnungen wie Schweineknoblauch oder Hundsknoblauch weisen darauf hin, dass üblicherweise die kultivierte Variante des Knoblauchs als edler angesehen wurde. Weitere traditionelle Namen sind Ramsell, Hexenzwiebel oder Waldherre.

Aus der unterirdischen Zwiebel entspringt ein 10-50 cm hoher Stängel mit elliptischen, schmal-lanzettlichen Blättern von bis zu 20 cm Länge. Die weißen Blüten stehen im April bis Mai in Trugdolden. Der Bärlauch ist fast in ganz Europa und Asien verbreitet – seit dem Mittelalter wurde er als Heil-, Gewürz- und Gemüsepflanze kultiviert. Heute ist er verwildert vor allem in feuchten, schattigen und nährstoffreichen Au- und Laubwäldern zu finden [1].

Mythologisches zum Bärlauch

Übersetzt man Allium ursinum ins Deutsche, müsste man die Pflanze – wie im Volksmund oft geschehen – als Bärenlauch bezeichnen. Sogenannten „Bärenpflanzen“ wird nachgesagt, in ihren Konsumenten „Bärenkräfte“ wecken zu können. Oft wird der Name auch mit Fruchtbarkeit, Erneuerung und Revitalisierung – wie in „Ge-bären“ – assoziiert. Wer einmal im Frühling im Wald eine ausgedehnte, stark nach Knoblauch riechende Bärlauchwiese betreten hat, bekommt einen Eindruck von der unbändigen Kraft dieser mächtigen Pflanze [2].

Das reiche Wirkungsspektrum von Bärlauch

Volksmedizinisch wird Bärlauch – ähnlich wie der Knoblauch – bei Magen-Darm-Beschwerden wie Verstopfung oder Blähungen, ferner gegen Bluthochdruck und Arteriosklerose verwendet [1]. In Tierversuchen an Ratten wurde festgestellt, dass die gesundheitsfördernden Effekte des Bärlauchs auf das Herz-Kreislauf-System sogar denen des (deutlich ausgiebiger erforschten) Knoblauchs überlegen sind: Die gemessene Senkung des Blutdrucks sowie der Regulation der Blutfette und des Blutzuckers lassen ein schützendes Potenzial bei Hypertonie, Arteriosklerose und zum Herzschutz vermuten [5]. Die enthaltenen Schwefelverbindungen haben antioxidative und antimikrobielle (keimhemmende) Wirkungen, weshalb ich ihn gerne auch bei Infektionen der Atemwege und zur Immunstärkung einsetze. Außerdem tragen sie zur Bindung und Ausschleusung von Giftstoffen aus dem Körper bei und fördern den Aufbau einer gesunden Darmflora [4].

Medizinische Anwendung von Bärlauch

Bärlauch ist leider noch nicht in offiziellen medizinischen Monografien wie der Kommission E oder der ESCOP als Heilpflanze beschrieben und untersucht worden. Auch wenn es Bärlauch-Tinkturen zu kaufen gibt, ist die medizinische Verwendung des Bärlauchs heute nicht weit verbreitet.

Anwendungshinweise für Bärlauch

Kontraindikationen sind keine angegeben. Es können jedoch – vor allem bei übermäßigem Verzehr oder bei empfindlichen Menschen – Magenreizungen oder durch die entgiftende Wirkung des Bärlauchs auch Hautausschläge auftreten [3]. Außerdem sollte bei Kindern unter 12 Jahren oder Schwangeren sowie in der Stillzeit auf die Verwendung von Bärlauch verzichtet werden.

Du würdest Bärlauch gerne selbst sammeln?

Alternativ zum selbst Sammeln findest Du frischen Bärlauch im Frühling zum Beispiel in Wochen- oder Biomärkten von Mitte März bis etwa Anfang Mai.

Was ist drin im Bärlauch?

Zu den Inhaltsstoffen vergleiche [3, 4]:

  • Schwefelverbindungen (Senfölglykoside) wie etwa Alliin und Allicin: Bärlauch weist einen höheren Gehalt an schwefelaktiven Substanzen auf als Knoblauch (bis 7,8g im Vergleich zu 1,7g pro 100g Trockensubstanz). Senfölglykoside wirken stark entgiftend und anregend auf das Immunsystem.
  • Flavonoide: antioxidativ wirkende Pflanzenfarbstoffe
  • Vitamine B6 und C
  • Mineralien: vor allem Eisen, Magnesium, Mangan, Kalium und Kalzium
  • Prostaglandine: Entzündungsmediatoren
  • Lektine: potenziell keimhemmend
  • Adenosin: blutdrucksenkende Wirkung

Leider halten sich die schwefelhaltigen Inhaltsstoffe in getrocknetem Zustand nicht besonders gut. Deshalb will ich Dir im Folgenden zwei gute Varianten aufzeigen, wie Du den Bärlauch auch das ganze Jahr über genießen kannst. 

Mein Rezept für Bärlauchpesto

Im Frühling weckt der Bärlauch die Lebensgeister und ist einer der Klassiker für die traditionelle Frühjahrskur. Ein Bärlauch-Pesto kannst Du Dir zum Beispiel folgendermaßen zubereiten:

Grundmischung:

  • 250g frische Bärlauchblätter
  • 200ml Olivenöl
  • Salz und Pfeffer
  • Verfeinert werden kann die Grundmischung durch:
  • 150g Pecorino oder Parmesan
  • 100g Pinienkerne, Kürbiskerne, Sonnenblumenkerne oder Haselnüsse

Zubereitung: Alle Zutaten werden in einem Mixer ordentlich zerkleinert und vermischt, bis die Masse eine einheitliche Konsistenz ergibt. Nun füllst Du das Pesto in ausgekochte Gläser ab. Am Schluss kommt eine Schicht Olivenöl darauf, um das Pesto zu konservieren und für einen luftdichten Abschluss des Glases zu sorgen. Wenn Du hygienisch gearbeitet hast, kann sich das Pesto dunkel und kühl gelagert bis zu einem Jahr halten. Je mehr Verfeinerungen wie Nüsse oder Käse dazu kommen, desto kürzer ist die Haltbarkeit. Das Pesto eignet sich zu Nudeln, in Saucen oder mit Frischkäse aufs Brot.

Bärlauch-Urtinktur für den Hausgebrauch

Wenn Du den Bärlauch als Bereicherung deiner Hausapotheke mit aufnehmen willst, empfehle ich den Ansatz einer Bärlauch-Urtinktur:

Eine dunkle Glasflasche (0,75-1 Liter) wird mit kleingerupften Blättern und Stängeln des Bärlauchs locker gefüllt. Im Anschluss gießt man Wodka oder Doppelkorn (Alkohol mit ca. 40 Volumenprozent) hinzu, bis das Pflanzenmaterial bedeckt ist. Das Ganze lässt man 4 Wochen dunkel stehen und schüttelt es am besten täglich einmal durch. Dann siebt man alles ab und bewahrt die Urtinktur in einer dunklen Flasche an einem kühlen Ort auf.

Bei Bedarf (zur Stärkung des Immunsystems, Anregung der Verdauung etc.) nimmst Du täglich 1-3 EL pur oder mit etwas Wasser zusammen ein. Zur Frühjahrskur und Entgiftung kannst Du Bärlauch auf diese Weise bis zu 6 Wochen am Stück einnehmen.

Abschluss

Der Bärlauch ist eine ernährungsphysiologisch und medizinisch sehr reichhaltige Pflanze. Wenn Du das Glück hast, den Frühling mit einer überbordenden Fülle an Bärlauch zu beginnen, dann lasse Dich von einem Experten mit dem Bärlauch und seinen Verwechslungsmöglichkeiten vertraut machen – und dann ab in den Wald! Man riecht zwar nach dem Konsum etwas danach, aber in der Regel nicht so stark wie nach dem Knoblauchgenuss. Und das leibliche Wohl und die Gesundheit kann einem auch mal ein paar Gerüche wert sein, wie ich finde …

Literatur

[1] Blaschek W, Ebel S, Hackenthal E et al. Hrsg. Hagers Enzyklopädie der Arzneistoffe und Drogen. Stuttgart: WVG/Springer; 2014

[2] Fischer-Rizzi S.. Medizin der Erde. Heilanwendung, Rezepte und Mythen unserer Heilpflanzen. München: AT Verlag; 2011

[3] Bäumler S. Heilpflanzenpraxis heute. Arzneipflanzenportraits. München: Elsevier; 2007

[4] Bühring U. Praxis-Lehrbuch der modernen Heilpflanzenkunde: Grundlagen – Anwendung – Therapie. Stuttgart: Haug; 2011

[5] Preuss HG et al. Wild garlic has a greater effect than regular garlic on blood pressure and blood chemistries of rats. International Urology and Nephrology 2001; 32: 525-530

Wichtiger Hinweis!

Wie jede Wissenschaft ist die Heilpflanzenkunde ständigen Entwicklungen unterworfen. Soweit in diesem Beitrag medizinische Sachverhalte, Anwendungen und Rezepturen beschrieben werden, handelt es sich naturgemäß um allgemeine Darstellungen, die eine individuelle Beratung, Diagnose und Behandlung durch eine Ärztin, einen Arzt oder eine/einen Apothekerin nicht ersetzen können. Jede/Jeder Nutzende ist für die etwaige Anwendung und vorherige sorgfältige Prüfung von Dosierungen, Applikationen oder sonstigen Angaben selbst verantwortlich. Autoren und Autorinnen und Verlag haben große Sorgfalt darauf verwendet, dass diese Angaben bei ihrer Veröffentlichung dem aktuellen Wissensstand entsprechen. Eine Haftung für Schäden oder andere Nachteile ist jedoch ausgeschlossen. Für die meisten Heilpflanzen fehlen Studien zu Unbedenklichkeit bei der Anwendung in der Schwangerschaft und während der Stillzeit, sowie bei Säuglingen, (Klein-)Kindern und Jugendlichen unter 18 Jahren. Alle beschriebenen Anwendungen sollten daher, sofern nicht ausdrücklich im Beitrag anders beschrieben, bei diesen Personen und in diesen Lebensphasen nicht ohne ärztliche Zustimmung angewendet werden.

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