Pflanzenheilkunde

Vogelmiere – lecker und gesund

13. Februar 2024
Vogelmiere

Im Frühling gehört sie zu den ersten schmackhaften Pflanzen, die wir genießen können. Ihr milder Geschmack und ihre zarten Blätter machen sie zu einer tollen Zutat zahlreicher Gerichte. Gleichzeitig ist die Vogelmiere durch ihren Gehalt an wertvollen Inhaltsstoffen ein wahres Kraftpaket für unsere Gesundheit!

Martin Zwiesele

Lesezeit: 5 Minuten

Die Gewöhnliche Vogelmiere (Stellaria media) gehört zur Familie der Nelkengewächse (Caryophyllaceae). Sie ist vor allem in Europa, Asien und Nordamerika an Wegrändern, auf Feldern, in Wäldern und Gärten zu finden. Sie bevorzugt nährstoffreiche Böden und gehört zu den sogenannten Stickstoffzeiger-Pflanzen, was bedeutet, dass der Boden dort, wo sie wächst, besonders stickstoffreich ist.

Der Gattungsname Stellaria (lateinisch für Sternchen) leitet sich von der Anordnung der weißen Blütenblätter ab. Der Name Vogelmiere, wie auch die für die Pflanze gebräuchlichen Bezeichnungen Hühnerschwarm, Gänse- oder Kanarienvogelkraut, weist auf die Verwendung als Futterpflanze für Nutz- oder Haustiere hin.

Die Vogelmiere gilt auch als Wetteranzeiger: Angeblich öffnen sich die Blüten morgens nur, wenn an dem Tag gutes Wetter zu erwarten ist [2].

Die Vogelmiere bildet lange, einreihig behaarte Stängel, die den Boden mit einem niedrigen Teppich bedecken, aber auch bis zu 40 cm in die Höhe wachsen können. Die eiförmigen Blätter sind im unteren Bereich gestielt. Die kleinen weißen Blüten sind überwiegend von März bis Oktober zu entdecken – bei milden Temperaturen kann die Pflanze sogar das ganze Jahr hindurch wachsen und blühen. Im Herbst bilden sich längliche Kapseln mit rostbraunen bis schwarzen Samen. Eine einzige Pflanze kann bis zu 10.000 Samen in einem Jahr produzieren [1]. 

Vogelmiere – ein Unkraut?

Die außerordentliche Vitalität dieser Pflanze zeigt sich auch an ihrem durchsetzungsfähigen Wuchs: Sie wurzelt überall dort, wo die Stängelknoten den Boden berühren. Bei Gärtnern gilt sie daher als besonders hartnäckiges Unkraut, das zudem resistent gegen viele Herbizide ist und daher umso leidenschaftlicher bekämpft wird. Sie überwuchert zwar gerne die ausgesäten Nutzpflanzen, lässt sich wegen ihrer kurzen Würzelchen jedoch auch leicht herausreißen.

Doch sie kann im Garten auch hilfreich sein, denn sie hält den Boden feucht, was besonders Bohnen oder Tomaten zu schätzen wissen [1].

Gemäß einer traditionellen Überlieferung kann die Vogelmiere übrigens nur ausgerottet werden, wenn sie an Johanni, also zur Sommersonnenwende, während des Mittagsläutens an allen vier Ecken des Hauses ausgejätet wird.

Blüten der Vogelmiere.
Detailaufnahme der Blüten der Vogelmiere. Quelle: Martin Zwiesele, Leipzig

Wirkungen der Vogelmiere

Vor dem Mittelalter wurde die Vogelmiere nicht als Heilpflanze verwendet. Im Mittelalter nahm man sie vor allem bei Hauterkrankungen und zur Wundversorgung. Heute wird sie in Hinblick auf folgende mögliche Wirkungszuschreibungen untersucht (vgl. [3]):

  • entzündungshemmend
  • antioxidativ
  • antimikrobiell
  • wundheilend
  • blutzucker- und blutfettesenkend
  • stoffwechselanregend und gewichtsreduzierend
  • leberschützend
  • angstlösend

In der Volksmedizin werden die Blätter der Vogelmiere bei Entzündungen jeglicher Art eingesetzt, gegen Rheuma, virale und bakterielle Infektionen, in der Behandlung von Atemwegserkrankungen und äußerlich zur Behandlung von Juckreiz und als kühlende Auflage. Weiterhin wird sie traditionell eingesetzt bei Erkrankungen der Nieren, Leber, des Herzens und der Lunge sowie bei neurologischen Indikationen [4].  

Bis heute gibt es keine offizielle wissenschaftliche Bewertung der Pflanze durch phytotherapeutische Kommissionen.

Was ist drin?

  • Saponine
  • Schleimstoffe
  • Anthrachinone
  • Flavonoide (z.B. Rutin) und Carotinoide
  • Phytosterole
  • Vitamine: A, B1, B2, B3, C und E
  • zahlreiche Mineralien wie Kalzium, Kalium, Kieselsäure, Magnesium, Eisen und Zink
  • zahlreiche Aminosäuren [4]

Medizinische Anwendung der Vogelmiere

Therapeutisch verwendet werden das Vogelmierenkraut (Stellariae mediae herba) oder die Blätter (Stellariae mediae folia).

Tee aus Vogelmiere

Für die innerliche Anwendung kann ein Tee zubereitet werden: 2 Teelöffel Vogelmiere mit 250 ml kochendem Wasser übergießen und 10 Minuten ziehen lassen. Davon kann mehrmals täglich eine Tasse getrunken werden.

Zudem kann der Tee auch äußerlich für Umschlägen verwendet werden. Bei Hautproblemen wie gereizter und entzündeter Haut, Juckreiz oder Insektenstichen wird Vogelmiere gerne zu gleichen Teilen mit Spitzwegerich und Ackerschachtelhalm kombiniert.

Wenn du die Vogelmiere selbst sammeln willst, ist es ratsam, sie Dir vorher von einem Kräuterfachmann oder Heilpraktiker zeigen zu lassen, der sich damit auskennt!

Nebenwirkungen, Wechselwirkungen oder Kontraindikationen sind bisher keine bekannt [1].

Hinweis: Die therapeutische Anwendung von Zubereitungen der Vogelmiere sollte nur erfolgen, wenn Du zuvor mit Deinem Arzt oder Deiner Heilpraktikerin darüber gesprochen hast und diese einverstanden sind.  

Rezept für eine Salbe mit Vogelmiere

Zur begleitenden Behandlung bei Hautproblemen wie Schuppenflechte, Ekzemen, Pickel und Juckreiz kann die Anwendung einer Salbe mit Vogelmiere geeignet sein.

Zutaten

  • 1 Handvoll frisches Vogelmierekraut
  • 250 ml Oliven- oder Mandelöl
  • 20 g Bienenwachs-Pellets
  • 50 g Sheabutter oder Kakaobutter

Zubereitung

Vogelmierekraut waschen, trockentupfen, kleinhacken, in verschließbares Gefäß geben und mit dem Öl übergießen. Das Gefäß verschließen und im Dunklen bei Zimmertemperatur für 1-2 Wochen stehenlassen, täglich schütteln. Danach das Öl abseihen und in ein Glas geben. Das Glas mit dem Öl in einem Topf mit Wasser erwärmen.  Bienenwachs-Pellets und die Shea- bzw. Kakaobutter hinzugeben und solange rühren, bis das Wachs und die Butter darin geschmolzen sind. Anschließend in Salbentiegel füllen [5].

Tipp: Wenn Du kein Salbenfan bist, kannst Du auch direkt den erkalteten Ölauszug anwenden.

Hinweis: Die Anwendung der Salbe in jedem Fall zuvor mit einem Arzt oder einer Heilpraktikerin besprechen!

Vogelmiere in der Küche

Die Vogelmiere kannst Du hervorragend als Suppenkraut oder als zartes Gemüse verwenden. Ich habe sie als ausgezeichnet verträgliches Gemüse kennen- und schätzen gelernt, das gut in Salaten, Pestos, Gemüsemischungen oder Suppen verwendet werden kann. Der Geschmack ist mild und erinnert an jungen Mais. Teilweise wird wegen der möglicherweise reizenden Saponine empfohlen, keine größeren Mengen davon zu essen [1]. Gegen eine Handvoll im Salat, in der Suppe oder im Pesto spricht aber nichts.

Der Frischpresssaft aus der Vogelmiere ist auf Grund des Mineralienreichtums der Pflanze wunderbar für eine Kur geeignet (3 x täglich 1 Esslöffel über 4-6 Wochen). Gerade im Frühling finden sich außerdem zahlreiche andere Kräuter, die sich wunderbar mit der Vogelmiere kombinieren lassen. 

Mein Rezept für ein Vogelmiere-Pesto

Zutaten

  • 2 Handvoll Vogelmiere (alle frisch aussehenden, oberirdischen Teile)
  • jeweils 1 Handvoll Brennnesselblätter, kleine Gierschblätter sowie Breit- oder Spitzwegerichblätter

Zubereitung

Die Kräuter fein hacken oder direkt in einen Mixer geben. Ca. 100 ml Olivenöl (je nach Mixer und Geschmack) hinzugeben und mit Pfeffer und Salz abschmecken. In ausgekochte Gläser abfüllen, obenauf eine kleine Schicht Olivenöl geben.

Wenn Du hygienisch gearbeitet hast, sollte sich das Pesto dunkel gelagert mindestens ein halbes Jahr auch außerhalb des Kühlschrankes halten. Auf Schimmelbildung achten!

Tipp: Du kannst das Pesto mit Parmesan, Pinienkernen oder ähnlichen Nüssen verfeinern, das verleiht ihm ein kräftigeres Aroma. Aber beachte, dass das etwas die Haltbarkeit reduziert!

Mein Rezept für einen Salat mit Vogelmiere

Zutaten

  • 3 Handvoll Vogelmiere
  • jeweils 1 Handvoll Löwenzahnblätter, kleine Gierschblätter und Ruccolablätter
  • ein paar Blättchen Gundermann oder etwas Taubnesselkraut für zusätzliches Aroma
  • ein paar Löwenzahn- und Gänseblümchenblüten fürs Auge als essbare Dekoration

Zubereitung

Die Kräuter grob hacken, mit Apfelessig und Olivenöl, Salz und Pfeffer abschmecken. Die Blüten über den Salat streuen.

Tipp: Ich gebe gerne noch sowie Feta und ein paar Cocktailtomaten in den Salat sowie Samen des Breitwegerichs darüber.

Hinweis: Wenn Du kein regelmäßiger Esser von Wildsalaten bist, empfehle ich die Menge an Wildkräutern im Salat langsam zu steigern.  Denn die Wildkräuter-Impulse können den Stoffwechsel und die Verdauung in Schwung bringen!  

Ran an das zarte Grün!

Die Vogelmiere ist eine weit verbreitete, schmackhafte und gesunde Heilpflanze, die einen Großteil des Jahres verfügbar ist. Sie ist eine hervorragende Ergänzung für jeden Speiseplans. Auf keinen Fall entgehen lassen, und guten Appetit!

Literatur

[1] Bäumler S. Heilpflanzenpraxis heute. Band 1. Arzneipflanzenportraits. München: Elsevier; 2012

[2] Madaus G. Lehrbuch der biologischen Heilmitte; Abt. 1: Heilpflanzen; Bd. 1. Leipzig: Thieme; 1938. 2609 ff. Im Internet: Lehrbuch der biologischen Heilmittel / von Gerhard Madaus ; Abt. 1: Heilpflanzen; Bd. 1 (tu-braunschweig.de) am 12.02.2024

[3] Oladeji OS, Oyebamiji AK. Stellaria media (L.) Vill.- A plant with immense therapeutic potentials: phytochemistry and pharmacology. Heliyon 6; 2020: e04150

[4] Singh R et al. Stellaria media Linn.: A comprehensive review highlights the nutritional, phytochemistry, and pharmacological activities. Journal of Herbmed Pharmacology 2022; 11(3): 330-338

[5] Greiner K. Meine Wildpflanzen Apotheke – 120 heilende Rezepte rund ums Jahr. Stuttgart: Ulmer; 2020: 30

Wichtiger Hinweis!

Wie jede Wissenschaft ist die Heilpflanzenkunde ständigen Entwicklungen unterworfen. Soweit in diesem Beitrag medizinische Sachverhalte, Anwendungen und Rezepturen beschrieben werden, handelt es sich naturgemäß um allgemeine Darstellungen, die eine individuelle Beratung, Diagnose und Behandlung durch eine Ärztin, einen Arzt oder eine/einen Apothekerin nicht ersetzen können. Jede/Jeder Nutzende ist für die etwaige Anwendung und vorherige sorgfältige Prüfung von Dosierungen, Applikationen oder sonstigen Angaben selbst verantwortlich. Autoren und Autorinnen und Verlag haben große Sorgfalt darauf verwendet, dass diese Angaben bei ihrer Veröffentlichung dem aktuellen Wissensstand entsprechen. Eine Haftung für Schäden oder andere Nachteile ist jedoch ausgeschlossen.

Für die meisten Heilpflanzen fehlen Studien zu Unbedenklichkeit bei der Anwendung in der Schwangerschaft und während der Stillzeit, sowie bei Säuglingen, (Klein-)Kindern und Jugendlichen unter 18 Jahren. Alle beschriebenen Anwendungen sollten daher, sofern nicht ausdrücklich im Beitrag anders beschrieben, bei diesen Personen und in diesen Lebensphasen nicht ohne ärztliche Zustimmung angewendet werden.

Teilen

Das könnte Dir auch gefallen