Pflanzenheilkunde

Mit dieser Teemischung stärkst Du Deine Darmflora

18. April 2023
Tee Darmflora

Die großen Herausforderungen des Lebens schaffen wir gemeinsam: wir und unsere Darmbakterien. Sie entscheiden mit, wie es uns geht und wie gesund wir sind. Grund genug, sich bei ihnen erkenntlich zu zeigen zum Beispiel mit einer Teemischung. Die enthaltenen Heilpflanzen könnten Deine Darmflora stärken.

Sebastian Vigl

Lesezeit: 4 Minuten

Inulin fördert das Wachstum von Bifidobakterien

Verschiedene klinische Studien zeigen, dass Inulin die Darmflora günstig verändert. Das langkettige Kohlenhydrat regt vor allem Bifidobakterien an sich zu vermehren. Bifidobakterien zählen zu den Milchsäurebakterien und leisten für die Darmflora wichtige Arbeit: Sie bauen Kohlenhydrate wie Inulin unter Freisetzung von Essig- und Milchsäure ab. Die Milchsäure sorgt wiederum für ein saures Milieu. Ein saures Milieu hält unerwünschte Darmkeime wie zum Beispiel Fäulnisbakterien fern. Diese bauen Proteine unter Bildung übelriechender und den Körper belastende Stoffe ab. [1]

Diverse Heilpflanzen sind wertvolle Inulin-Lieferanten, vor allem der Löwenzahn (Taraxacum sect. Ruderalia – früher Taraxacum officinale) und die Wegwarte (Cichorium intybus).

Beide Pflanzen liefern auch wertvolle Bitterstoffe. Diese regen das Fließen der Verdauungssäfte an. Die Verdauungssäfte haben wiederum eine regulatorische Wirkung auf die Zusammensetzung der Darmflora: Sondert die Galle zum Beispiel zu wenig Gallensaft ab, können fetthaltige Nahrungsbestandteile nur unzureichend aufgeschlossen werden. Sie landen dann unverdaut im Dickdarm, wo sie sich negativ auf die Zusammensetzung der dort lebenden Bakterien auswirken können. Sowohl Löwenzahn als auch die Wegwarte regen den Gallenfluss und damit die Fettverdauung an. [2] Beide sind auch interessante Pflanzen für einen selbstgemachten pflanzlichen Kaffeeersatz.

Senfölglykoside für die Darmflora

Senfölglykoside sind schwefelhaltige Verbindungen, von denen spezielle Enzyme wie die Myrosinase Senföle abspalten können. Übrig bleibt ein Zuckerrest. Viele Nahrungspflanzen wie Rettich, Senf, Kresse und Kohl oder Heilpflanzen wie Meerrettich (Armoracia rusticana) und Kapuzinerkresse (Tropaeolum majus) enthalten Senfölglykoside. Wenn wir die Heilpflanzen zu uns nehmen, treffen die Senfölglykoside im Darm auf Bakterienarten, die das Enzym Myrosinase bilden. Senföle werden frei und von unserer Darmschleimhaut aufgenommen. Der Zuckerrest hingegen dient den Bakterien als Nahrung. Besonders die uns nützlichen Bacteroides-Arten unserer Darmflora scheinen durch eine regelmäßige Zufuhr durch Senfölglykoside zu profitieren. [3]

Kapuzinerkresse
Kapuzinerkresse (Tropaeolum majus) enthält Senfölglykoside. © SanLyn/stock.adobe.com

Tee für die Darmflora

Die folgende Teerezeptur stammt aus meiner Praxis. Du kannst sie Dir in einer Kräuterapotheke mischen lassen.

Zutaten

  • 40 g Kapuzinerkressenkraut (Tropaeoli herba)
  • 70 g Löwenzahnwurzel (Taraxaci radix)
  • 70 g Wegwartenwurzel (Cichorii radix)

Zubereitung und Anwendung

Bis zu 3-mal täglich einen gestrichenen EL der Teemischung mit 250 ml siedendem Wasser zugedeckt 15 Minuten ziehen lassen und ungesüßt vor den Mahlzeiten trinken. Der Tee eignet sich für eine längere Anwendung. Am besten Du trinkst Du ihn als Kur für 6 Wochen lang.

Achtung! Bei bestehenden Allergien gegen Korbblütler bitte auf die Einnahme des Tees verzichten. Aufgrund des Löwenzahns den Tee bei Erkrankungen der Nieren, der Leber oder der Galle nur mit ärztlichem Einverständnis einnehmen.

Bitte beachten

Die Anwendung der in diesem Beitrag erwähnten Pflanzen zur Stärkung der Darmflora geschieht aufgrund der Erkenntnisse der Erfahrungsheilkunde. In offiziellen Monografien findet sich zu dieser Indikation kein Hinweis. Bei Löwenzahn und Wegwarte sehen wir hingegen Bezüge zum Magen-Darm-Trakt in den Monografien. ESCOP und Kommission E nennen den Einsatz von Löwenzahn bei Völlegefühl, Appetitlosigkeit und Blähungen. Die Kommission E befürwortet den Einsatz der Wegwarte bei Appetitlosigkeit und Magen-Darm-Beschwerden.

Tee mit Schuss: Holunderbeerensaft für Deine Darmflora

Auch der Holunder (Sambucus nigra) hat etwas für unsere Darmgesundheit zu bieten, genauer gesagt seine Früchte. Diese sind eine reiche Quelle an Polyphenolen, zu denen auch die Anthocyane zählen. Diese geben den Beeren ihre dunkle Farbe. [4] Eine österreichische Forschungsgruppe konnte zeigen, dass sich die Polyphenole der Holunderfrüchte  positiv auf die Zusammensetzung unserer Darmflora auswirken. Der genaue Mechanismus dahinter ist noch nicht abschließend geklärt. Nach 9 Studienwochen verbesserte sich die Diversität der Darmflora der Probanden, zudem ließen Verdauungsbeschwerden nach. [5]

Die Hinzugabe von Holunderbeeren zur obigen Teemischung wäre möglich. Einfacher und effektiver ist meiner Meinung nach die Anwendung von Holunderbeerensaft, den Du mit dem obigen Tee wie folgt kombinieren kannst: Gib nach der Ziehzeit des Tees ein Schnapsglas Holunderbeerensaft zum Tee.

Schwarze Holunderbeeren
Holunderbeeren enthalten Anthocyane, die den Beeren die dunkle Farbe verleihen. Die schwarzen Holunderbeeren enthalten roh das Blausäureglykosid Sambunigrin. Daher müssen sie vor dem Verzehr auf über 80°C erhitzt werden. © Berty/stock.adobe.com

Und zum Schluss

Aus mikrobiologischer Sicht sind wir ein Mutterschiff. Allein in unserem Darm wohnen an die 100 Billionen Bakterien. Die meisten von ihnen sind für unsere Gesundheit essenziell. Sie entscheiden mit, wie es uns geht, ob wir erkranken oder wie schnell wir gesunden. Es macht Sinn, seine Darmflora zu pflegen. Hierfür könnten auch Heilpflanzen wie Löwenzahn, Wegwarte, Kapuzinerkresse oder Holunder hilfreich sein.

Literatur

[1] Le Bastard Q, Chapelet G, Javaudin F et al. The effects of inulin on gut microbial composition: a systematic review of evidence from human studies. Eur J Clin Microbiol Infect Dis. 2020; 39: 403-413. DOI: 10.1007/s10096-019-03721-w

[2] Blaschek W, Ebel S, Hackenthal E, Holzgrabe U, Keller K, Reichling J, Schulz V. Taraxacum und Cichorium. Hagers Enzyklopädie der Arzneistoffe und Drogen. Stuttgart: WVG/Springer; 2014

[3] Kaczmarek JL, Liu X, Charron CS et al. Broccoli consumption affects the human gastrointestinal microbiota. J Nutr Biochem. 2019; 63: 27-34. DOI: 10.1016/j.jnutbio.2018.09.015

[4] Blaschek W, Ebel S, Hackenthal E, Holzgrabe U, Keller K, Reichling J, Schulz V. Sambucus. Hagers Enzyklopädie der Arzneistoffe und Drogen. Stuttgart: WVG/Springer; 2014

[5] Reider SJ, Längle J, Przysiecki N et al. A Moschen: Beeinflussung des intestinalen Mikrobioms durch ein Extrakt der schwarzen Holunderbeere – Ergebnisse der ELDERGUT Studie. Z Gastroenterol 2021; 59: e343-e344. DOI: 10.1055/s-0041-1734273

Wichtiger Hinweis!

Wie jede Wissenschaft ist die Heilpflanzenkunde ständigen Entwicklungen unterworfen. Soweit in diesem Beitrag medizinische Sachverhalte, Anwendungen und Rezepturen beschrieben werden, handelt es sich naturgemäß um allgemeine Darstellungen, die eine individuelle Beratung, Diagnose und Behandlung durch eine Ärztin, einen Arzt oder eine/einen Apothekerin nicht ersetzen können. Jede/Jeder Nutzende ist für die etwaige Anwendung und vorherige sorgfältige Prüfung von Dosierungen, Applikationen oder sonstigen Angaben selbst verantwortlich. Autoren und Autorinnen und Verlag haben große Sorgfalt darauf verwendet, dass diese Angaben bei ihrer Veröffentlichung dem aktuellen Wissensstand entsprechen. Eine Haftung für Schäden oder andere Nachteile ist jedoch ausgeschlossen.

Für die meisten Heilpflanzen fehlen Studien zu Unbedenklichkeit bei der Anwendung in der Schwangerschaft und während der Stillzeit, sowie bei Säuglingen, (Klein-)Kindern und Jugendlichen unter 18 Jahren. Alle beschriebenen Anwendungen sollten daher, sofern nicht ausdrücklich im Beitrag anders beschrieben, bei diesen Personen und in diesen Lebensphasen nicht ohne ärztliche Zustimmung angewendet werden.


  

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