Pflanzenheilkunde

Wie Du durch kleine Rituale Deine Teetherapie bereicherst

3. Januar 2023
Tee

Bei der Teetherapie heißt es: Tee trinken und abwarten, bis er wirkt. Oder können wir seine Wirkung sogar positiv beeinflussen? Die Erkenntnisse der Placebo-Forschung zeigen: Unser Geist mit seinen Gedanken und Erwartungen heilt mit. Durch kleine Rituale kannst Du diesen Effekt für Dich nutzen.

Sebastian Vigl

Lesezeit: 4 Minuten

Die Pflanzenheilkunde steht auf einer wissenschaftlichen Basis

Die Pflanzenheilkunde hat es gut. Ungleich vieler anderer komplementärmedizinischer Disziplinen kann ihre Wirksamkeit meist in wissenschaftlichen Untersuchungen nachgewiesen werden. Die Kenntnis der Inhaltsstoffe von Heilpflanzen und deren Wechselwirkungen mit unserem Organismus erlauben uns, die Wirkungen von Pflanzen zu erklären. Wir müssen dann darauf achten, die richtigen Inhaltsstoffe in der ausreichenden Konzentration dem Körper zuzuführen. Wie das bei der Teetherapie gelingt, kannst Du in meinem Beitrag „Aus Heilpflanzen einen Tee zubereiten – so geht’s richtig!“ nachlesen.

Was die Wirkung der Pflanzenheilkunde betrifft, können wir also in der Regel auf ihre wissenschaftliche Basis verweisen. Mit dieser können wir auch dem Vorwurf begegnen, die Wirksamkeit von Heilpflanzen beruhe rein auf dem Placebo-Effekt. Aber: Der Placebo-Effekt kann auch eine Rolle spielen und die pharmakologische Wirkung der Heilpflanzen sogar ergänzen. Wir können den Placebo-Effekt dafür nutzen, die Wirksamkeit einer Teetherapie zu bereichern. Hierbei können kleine Rituale hilfreich sein.

Exkurs

Der verblüffende Placebo-Effekt

Der Placebo-Effekt ist eine der aufregendsten medizinischen Entdeckungen des letzten Jahrhunderts. Er hat unser Verständnis von Heilung grundsätzlich verändert.

Forschungen zum Placebo-Phänomen lassen vermuten, dass unsere Geisteshaltung und unsere Imaginationskraft zum Beispiel die Sekretion körpereigener Schmerzmittel wie Endorphine und unser Stresslevel beeinflusst. Eine aus meiner Sicht besonders aufsehenerregende Studie zum Thema Placebo-Effekt wurde 2002 veröffentlicht, in der sogenannte Scheinoperationen durchgeführt wurden [1].

Medizin im Wandel durch den Placebo-Effekt

Das Wissen um den Placebo-Effekt hat die Medizin verändert. Medikamente und Therapien der evidenzbasierten Medizin müssen in den letzten Jahrzehnten ihre Wirksamkeit in placebokontrollierten klinischen Studien unter Beweis stellen. In diesen wird ermittelt, ob ihre Wirkung größer als der Placebo-Effekt ist.

Andererseits werden die Erkenntnisse der Placebo-Forschung auch im medizinischen Alltag genutzt. So kann zum Beispiel die Farbe eines Medikamentes oder das Auftreten und Erscheinungsbild einer Therapeutin oder eines Therapeuten einen Placebo-Effekt auslösen. Fachkompetenz, Freundlichkeit und Empathie des Therapierenden haben einen großen Anteil am Therapieerfolg [3].

Den Placebo-Effekt bei der Teetherapie nutzen

Im Folgenden mache ich Dir ein paar Vorschläge für Rituale, durch die Du mit den heilsamen Eigenschaften Deines Geistes Deine Teetherapie bereichern kannst. Du musst nicht allen Vorschlägen folgen, lass Dich vielmehr inspirieren! Vielleicht sind ein oder zwei Rituale dabei, die gut zu Dir passen.

Ritual Nummer 1: Fachwissen schafft Vertrauen

Es macht einen Unterschied, ob wir bei einer Erkältung in der Apotheke einen als solchen deklarierten Erkältungstee oder eine Teemischung ohne weitere Angaben erhalten. Erstere kann unsere Erwartungshaltung deutlich steigern, was sich wiederum auf die Wirkung auswirken könnte.

Ähnlich wirkt Fachwissen. Fachwissen kann uns von der Sinnhaftigkeit einer pflanzlichen Therapie überzeugen. Wie ich in meiner Praxisarbeit erleben durfte, schafft das Vertrauen, das wiederum einen Raum für Heilung öffnen kann.

Wie kannst Du Dir relevantes Fachwissen aneignen? Hilfreich ist die Lektüre von Fachbüchern oder Fachzeitschriften und das Besuchen von Heilpflanzenführungen und -vorträgen.

Während des Trinkens oder des Zubereitens Deines Tees kannst Du als eines der möglichen Rituale im Geiste wiederholen, was Du über Deine Heilpflanzen alles schon weißt.

Ritual Nummer 2: Dankbarkeit heilt

Zahlreiche Studien zu Dankbarkeit zeigen: Wer dankbar ist, lebt glücklicher und gesünder. Dankbarkeit lindert Stress, Schmerzen, Erschöpfung und Verdauungsbeschwerden – wahrscheinlich über eine Interaktion mit dem vegetativen Nervensystem. Dankbarkeit kann zudem negative Gedankenmuster durchbrechen, die unser Wohlbefinden und unsere Gesundheit einschränken [4].

Bei einer Teetherapie gibt es vieles, worüber wir dankbar sein können. Über all die Menschen vor uns und um uns, welche die Heilpflanzenkunde ermöglicht und bereichert haben. Über die Pflanzen, die Heilstoffe bilden. Oder über die Möglichkeit, Deiner Gesundheit mit einer wirkungsvollen und natürlichen Methode etwas Gutes zu tun. Wenn Du Deine Teetasse in den Händen hältst, halte kurz inne. Schließe die Augen und bedanke Dich. Gerne auch bei Dir selbst.

Dankbarkeit ist auch ein wichtiger Bestandteil der Religiosität, von Glaube und Gebet. Wenn Du eine Religion praktizierst, könnte die Teetherapie eine gute Gelegenheit für ein Kontemplation oder ein kurzes Gebet sein.

Ritual Nummer 3: Ein achtsamer Moment

Achtsamkeit bringt viele heilsame Aspekte mit sich, unter anderem indem sie das Stresslevel senkt. Verwandle das Teetrinken zu einem achtsamen, meditativen Moment, indem Du den Moment intensiv mit Deinen Sinnen wahrnimmst, ohne ihn zu verändern.

Atme ein paar Mal tief ein und aus und dann spüre nach: Erforsche wie die Temperatur sich in der Mundhöhle beim Trinken ändert, welchen Geschmack und Geruch jeder Schluck hinterlässt.

Ritual Nummer 4: Selbstwirksamkeit stärken

Wenn wir erkranken, fühlen wir uns oft hilflos und zur Passivität verurteilt. Es scheint, als kämen wir aus eigenen Kräften nicht mehr hoch. Eine Teetherapie kann in uns wieder die Selbstwirksamkeit stärken, also das Gefühl, dass wir unser Schicksal aktiv günstig beeinflussen können. Wie das geht? Mach Dir bei der Teezubereitung bewusst, dass Du gerade selbst Dein Heilmittel herstellst. Erlebe jeden Schritt, angefangen beim Kochen des Wassers bis zum Überbrühen der Kräuter. Mach Dir bewusst, dass Du gerade dabei bist, aktiv etwas Gutes für Dich zu tun.

Ritual Nummer 5: Imagination: auf den Flügeln der Fantasie

Du liebst es zu träumen und hast bereits positive Erfahrungen mit Imagination gemacht? Oder bist Du neugierig und möchtest mal selbst kleine Imaginationsreise erleben? Imagination, also das Vorstellen von Situationen oder Umständen kann sehr kraftvoll sein und auch in der Teetherapie eines der hilfreichen Rituale sein. Studien zeigen, dass sich das aktive Vorstellen von heilsamen Umständen unter anderem positiv auf Stress, Ängste und das Immunsystem auswirken kann [5].

Du darfst Dir beim Teetrinken vorstellen, einen allmächtigen Heiltrunk in Deinen Händen zu halten. Du kannst Dir lebendig ausmalen, wie die Wirkstoffe Deinen Körper fluten und Genesung bringen. Oder Dich heilsame Pflanzengeister durchströmen. Du kannst die Wärme des Tees als heilendes Licht wahrnehmen, das sich strahlend in Deinem Körper ausbreitet… Deiner Fantasie sind keine Grenzen gesetzt.

Und zum Schluss

Beim Essen isst bekanntlich das Auge mit. Beim Teetrinken trinkt unser Geist mit. Unsere innere Haltung und unsere Gedanken können einen Einfluss auf den Erfolg einer Teetherapie haben. Durch kleine Rituale kannst Du diesen Umstand für Dich nutzen.

Literatur

[1] Moseley JB, O’Malley K et al. A controlled trial of arthroscopic surgery for osteoarthritis of the knee. The New England Journal of Medicine 2002; 347(2): 81–88

[2] Howe LC, Hardebeck EJ, Eberhardt JL et al. White patients‘ physical responses to healthcare treatments are influenced by provider race and gender. Proc Natl Acad Sci USA 2022; 119(27): e2007717119

[3] Walach H, Sadaghiani C. Plazebo und Plazeboeffekte – Eine Bestandsaufnahme. Psychother Psych Med 2002: 332–42

[4] Powell SK. The Science of Gratitude. Prof Case Manag. 2022; 27(6): 261-262

[5] Krau SD. The Multiple Uses of Guided Imagery. Nurs Clin North Am. 2020; 55(4): 467-474

Wichtiger Hinweis!

Wie jede Wissenschaft ist die Heilpflanzenkunde ständigen Entwicklungen unterworfen. Soweit in diesem Beitrag medizinische Sachverhalte, Anwendungen und Rezepturen beschrieben werden, handelt es sich naturgemäß um allgemeine Darstellungen, die eine individuelle Beratung, Diagnose und Behandlung durch eine Ärztin, einen Arzt oder eine/einen Apothekerin nicht ersetzen können. Jede/Jeder Nutzende ist für die etwaige Anwendung und vorherige sorgfältige Prüfung von Dosierungen, Applikationen oder sonstigen Angaben selbst verantwortlich. Autoren und Autorinnen und Verlag haben große Sorgfalt darauf verwendet, dass diese Angaben bei ihrer Veröffentlichung dem aktuellen Wissensstand entsprechen. Eine Haftung für Schäden oder andere Nachteile ist jedoch ausgeschlossen.

Für die meisten Heilpflanzen fehlen Studien zu Unbedenklichkeit bei der Anwendung in der Schwangerschaft und während der Stillzeit, sowie bei Säuglingen, (Klein-)Kindern und Jugendlichen unter 18 Jahren. Alle beschriebenen Anwendungen sollten daher, sofern nicht ausdrücklich im Beitrag anders beschrieben, bei diesen Personen und in diesen Lebensphasen nicht ohne ärztliche Zustimmung angewendet werden.

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