Im Mittelalter warfen die Bürger ihren Müll nicht selten aus dem Fenster. Ähnlich verfahren unsere Zellen, die toxische Stoffwechselendprodukte in das Blut abgeben. Die Organe Leber und Nieren kümmern sich wiederum um dessen Reinigung. Mit heimischen Heilpflanzen kannst Du sie beim Entgiften unterstützen.
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Braucht Dein Körper Unterstützung bei der Entgiftung?
In unserem Stoffwechsel fallen andauernd gefährliche Stoffe an. Wenn unsere Zellen Energie gewinnen, bilden sich schädliche freie Radikale und im Eiweißstoffwechsel fällt giftiger Ammoniak an. Freie Radikale können das Erbgut schädigen und schwere Krankheiten auslösen, Substanzen wie Ammoniak den Körper innerhalb von Stunden vergiften. Aber keine Angst! Davor bewahren uns in der Regel körpereigene Radikalenfänger und die Entgiftungsorgane Leber, Niere, Haut, Lunge und Darm. Sie machen toxische Stoffe unschädlich bzw. scheiden diese aus – zum Beispiel mit dem Urin, dem Stuhl oder dem Schweiß.
Ob die Entgiftung richtig funktioniert, zeigt bereits ein einfaches Blutbild, in dem Leberenzyme und Nierenwerte bestimmt werden. Sie geben darüber Aufschluss, ob Leber und Niere richtig arbeiten. Aus naturheilkundlicher Sicht können körpereigene Entgiftungssysteme auch bei unauffälligem Blutbild beeinträchtigt sein. Betroffene fühlen sich müde und energielos, klagen oft über schmerzende Gelenke, schlechten Schlaf oder Unruhe.
Du leidest unter solchen anhaltenden Beschwerden? Zunächst solltest Du sie Deiner Ärztin oder Deinem Arzt schildern. Wenn die ärztliche Untersuchung keine Ursache für diese Beschwerden findet, könnte ein Detox-Programm mit Heilpflanzen eine gute Idee sein. Du könntest es auch zur Stärkung und Vorbeugung als Kur im Frühjahr oder Herbst anwenden, besonders bewährt hat es sich bei Frühjahrsmüdigkeit. Es könnte sich nicht nur auf Deinen Körper, sondern auch auf Deine Seele positiv auswirken.
Aufgepasst! Schwangere und Menschen mit Nierenschäden, schweren chronischen Erkrankungen oder akuten Infekten sollten Detox-Kuren wie die von mir empfohlene nur nach Rücksprache mit einer Ärztin oder einem Heilpraktiker durchführen.
Seelische Aspekte einer Entgiftungskur
Wir bestehen nicht aus einem Körper allein, unser Seelenleben ist ein wichtiger Aspekt unserer Existenz und unserer Gesundheit. Die Medizin versucht immer mehr, unseren körperlichen und seelischen Aspekt bei der Genesung zu berücksichtigen. Dass diese ganzheitliche Art zu denken erfolgreich ist, zeigen naturheilkundliche Disziplinen wie die Pflanzenheilkunde.
So können zum Beispiel entgiftende Heilpflanzen nicht nur unseren Körper von Schadstoffen befreien, sondern uns auch bei belastenden Gefühlen helfen. Meine Erfahrung zeigt: Eine ganzheitliche Detox-Kur könnte dazu führen, dass wir uns rundum besser, jünger und leichter fühlen.
Blutreinigung durch Anregung der entgiftenden Organe
Ob Du auf dem Land oder in der Stadt wohnst, die folgenden Pflanzen wachsen sicher in Deiner unmittelbaren Nachbarschaft: die Brennnessel (Urtica dioica), der Löwenzahn (Taraxacum sect. Ruderalia; früher Taraxacum officinale), der Holunder (Sambucus nigra) und die Schafgarbe (Achillea millefolium). Sie fühlen sich in menschlichen Siedlungen wohl. Sammeln sollten wir sie dort aber nur auf unbelasteten Böden wie eventuell dem heimischen Garten. Du solltest sie zudem auch nur dann sammeln, wenn Du Dich mit der Pflanzenbestimmung wirklich auskennst und diese Pflanzen von eventuell giftigen unterscheiden kannst. Ansonsten solltest Du sie lieber über den Fachhandel beziehen!
Diese Pflanzen gelten als „Blutreinigungsmittel“. Sie aktivieren gemäß der Vorstellung der Volksheilkunde die Entgiftungsorgane Leber (Löwenzahn und Schafgarbe) und Niere (Brennnessel und Löwenzahn), die das Blut von Schadstoffen befreien. Die Blüten des Holunders beleben aus Sicht der Naturheilkunde die Haut, dadurch kann sie Stoffwechselprodukte besser ausscheiden. Ein dafür verantwortlicher Wirkstoff ist in den Blüten bisher noch nicht nachgewiesen worden.
Die Beeren des Holunders enthalten kräftige Antioxidantien, die unsere Zellen und Gewebe vor freien Radikalen schützen könnten. Dies könnte sich besonders bei Stress bemerkbar machen.
HINWEIS! Rohe und unreife Holunderbeeren enthalten Sambunigrin. Es setzt im Körper Blausäure frei. Typische Symptome einer Blausäurevergiftung sind Übelkeit, Erbrechen und Durchfall. Um das Sambunigrin zu zerstören, müssen die Beeren auf jeden Fall auf 80°C erhitzt werden. Dafür genügt es, wenn die Beeren für 3–5 Minuten komplett auf 80°C erhitzt werden.
Für einen rege Verdauung und Fettstoffwechsel und eine gesunde Darmflora sorgt der Löwenzahn, er mindert dadurch die Belastung durch Giftstoffe aus der Ernährung oder dem Verdauungsprozess. [1]
Auch in den offiziellen Heilpflanzenmonografien finden sich Bezüge für die anregende Wirkung einzelner erwähnter Pflanzen auf unsere Entgiftungsorgane: So listen die Monografien der ESCOP und der Kommission E die anregenden Wirkungen auf Gallenfluss und Harnbildung des Löwenzahns und die harnvermehrenden Eigenschaften der Brennnessel.
Die Anwendung der Pflanzen zur Entgiftungskur mit meinem unten aufgeführten Rezept erfolgt aufgrund der Erkenntnisse der Erfahrungsheilkunde.
Emotionaler Detox: mit Heilpflanzen ganzheitlich entgiften
Auch unser Seelenleben benötigt dann und wann eine „Entgiftung“, wenn sich belastende oder toxische Gefühle wie Frustration oder Ärger anstauen und uns Energie und Lebenslust rauben. Die beruhigenden und entkrampfenden Eigenschaften der Schafgarbe könnten uns gemäß den Erkenntnissen der Erfahrungsheilkunde dabei helfen, uns unseren Problemen und Konflikten mit mehr Klarheit und Ruhe zu widmen. Meiner Erfahrung nach ist die Schafgarbe besonders dann hilfreich, wenn die Probleme „auf den Bauch schlagen“. Vielleicht kennst Du das: Ärger oder Stress können Verdauungsbeschwerden wie Blähungen oder Bauchkrämpfe auslösen. Dann finde ich die Schafgarbe eine gute Wahl.
Löwenzahn und Schafgarbe gelten als Heilpflanzen der Leber, ein Organ, das nicht nur im antiken Griechenland, sondern auch in der traditionellen abendländischen und asiatischen Heilkunde als bedeutender Sitz unseres Seelenlebens gilt.
Wenn Heilpflanzen die Leber entlasten, kann sich das meiner Praxiserfahrung nach durch mehr Lebensfreude, Leichtigkeit und Zuversicht zeigen.
Sebastian Vigl
Eine Anregung der Haut durch Holunderblüten kann meiner Erfahrung nach auch das Wohlbefinden fördern: Wir fühlen uns „wohl in unserer Haut“, wenn sie gut durchblutet ist.
Wir können Brennnessel, Schafgarbe, Löwenzahn und Holunder kombiniert als Tee zu uns nehmen, diese Anwendungsform hat sich bewährt und ist zudem sehr günstig.
Eine entgiftende Teemischung
Die Zutaten für viele Detox-Kuren sind oft kostspielig, unsere 4 einheimischen Kräuter sind es hingegen nicht. Die folgende Teemischung kannst Du in einer Kräuterapotheke bestellen und als Kur 2-mal im Jahr je 4 Wochen lang trinken.
Zutaten
- 15 g Holunderblüten (Flores Sambuci)
- 45 g Brennnesselblätter (Folia Urticae)
- 40 g Löwenzahnkraut (Herba Taraxaci)
- 45 g Schafgarbenkraut (Herba Millefolii)
- 50 g Löwenzahnwurzel (Radix Taraxaci)
- 60 g Holunderbeerenfrüchte (Fructus Sambuci)
Zubereitung
2–3-mal täglich einen gestrichenen EL der Mischung mit ¼ Liter siedendem Wasser zugedeckt 15 Minuten lang ziehen lassen und ungesüßt vor den Mahlzeiten trinken.
Achtung! Nicht anwenden bei Überempfindlichkeit gegenüber Schafgarbe oder anderen Korbblütlern, bei Entzündung der Gallenblase, Verschluss der Gallenwege, Gallensteinen und Ödemen infolge eingeschränkter Herz- oder Nierentätigkeit.
Aufgepasst! Schwangere und Menschen mit Nierenschäden, schweren chronischen Erkrankungen oder akuten Infekten sollten Detox-Kuren generell nur nach ärztlicher Rücksprache durchführen. Die harntreibende Wirkung der Arzneipflanzen führt nach heutigem Kenntnisstand nicht zu einem Ungleichgewicht der Elektrolyte. Dennoch sollten Menschen, die harntreibende Arzneimittel oder Herzmedikamente einnehmen, eine kurmäßige Einnahme des Rezeptes mit Ihrer Ärztin oder Ihrem Arzt besprechen.
Wichtige Anwendungshinweise
Der Tee wirkt entwässernd, am besten Du trinkst die letzte Tasse nicht zu spät am Abend, damit nächtlicher Harndrang nicht Deinen Schlaf stört. Die entwässernde Wirkung kann auch dazu führen, dass Du in den ersten 2 Wochen etwas Gewicht verlierst. Auch Kopfschmerzen und Mattigkeit sind zu Beginn möglich und lassen sich meist mit etwas Bewegung an der frischen Luft vertreiben.
Hinweis! Nebenwirkungen oder neu auftretende Beschwerden sollten mit einer Ärztin oder einem Arzt besprochen werden. Sollten während der Behandlung Fieber, Harnverhalten, Krämpfe beim Wasserlassen oder Blut im Urin auftreten, ist unbedingt ärztlicher Rat einzuholen.
Und zum Schluss
„Wer bringt den Müll raus?“ – auf diese Frage finden sich in vielen Wohngemeinschaften und Familien nicht immer sofort jemanden. In unserem Körper ist das klar geregelt: Organe wie Leber, Niere, Haut oder Darm befördern das, was nicht mehr gebraucht wird und belastend sein kann, aus dem Körper. Gemäß dem naturheilkundlichen Verständnis macht es Sinn, diese Organe regelmäßig bei ihrer Arbeit zu unterstützen. Vor allem, wenn Du Dich müde oder unruhig fühlst oder schlecht schläfst, und die ärztliche Untersuchung keinen medizinischen Grund dafür findet.
Literatur
Wichtiger Hinweis!
Wie jede Wissenschaft ist die Heilpflanzenkunde ständigen Entwicklungen unterworfen. Soweit in diesem Beitrag medizinische Sachverhalte, Anwendungen und Rezepturen beschrieben werden, handelt es sich naturgemäß um allgemeine Darstellungen, die eine individuelle Beratung, Diagnose und Behandlung durch eine Ärztin, einen Arzt oder eine/einen Apothekerin nicht ersetzen können. Jede/Jeder Nutzende ist für die etwaige Anwendung und vorherige sorgfältige Prüfung von Dosierungen, Applikationen oder sonstigen Angaben selbst verantwortlich. Autoren und Autorinnen und Verlag haben große Sorgfalt darauf verwendet, dass diese Angaben bei ihrer Veröffentlichung dem aktuellen Wissensstand entsprechen. Eine Haftung für Schäden oder andere Nachteile ist jedoch ausgeschlossen.
Für die meisten Heilpflanzen fehlen Studien zu Unbedenklichkeit bei der Anwendung in der Schwangerschaft und während der Stillzeit, sowie bei Säuglingen, (Klein-)Kindern und Jugendlichen unter 18 Jahren. Alle beschriebenen Anwendungen sollten daher, sofern nicht ausdrücklich im Beitrag anders beschrieben, bei diesen Personen und in diesen Lebensphasen nicht ohne ärztliche Zustimmung angewendet werden.