Pflanzenheilkunde

Mit Genuss gesund bleiben: Die Heilkraft der Gewürze

11. April 2023
Mit Genuss gesund bleiben: Die Heilkraft der Gewürze

850 g pro Jahr: So viele Gewürze nimmt ein Mensch in Deutschland durchschnittlich zu sich. [1] Diese Gewürze sorgen nicht nur dafür, dass unser Essen besser schmeckt, dekorativ aussieht und gut riecht. Sie sind auch Heilpflanzen und könnten einen wichtigen Beitrag zur Gesunderhaltung leisten.

Sebastian Vigl

Bunte Vielfalt auf dem Teller

Laut einer Umfrage sind die häufigsten in Deutschland verwendeten Gewürze: Basilikum (Ocimum basilicum), Oregano (Origanum vulgare, ssp. hirtum), Petersilie (Petroselinum crispum), Majoran (Origanum majorana), Knoblauch (Allium sativum), Thymian (Thymus vulgaris), Dill (Anethum graveolens), Kümmel (Carum carvi), Rosmarin (Salvia rosmarinus), Schnittlauch (Allium schoenoprasum), Bohnenkraut (Satureja hortensis) und Koriander (Coriandrum sativum). [1] Wahrscheinlich kennst Du die meisten davon. Wahrscheinlich ist Dir auch bewusst, dass das alles auch Heilpflanzen sind. Das bedeutet, dass Du jedes Mal einen bunten Cocktail an Inhaltsstoffen zu Dir nimmst, wenn Du diese Gewürze benutzt.

Das macht Gewürze wirksam

Die meisten Gewürze wirken schon, bevor Du sie zu Dir nimmst. Denn fast alle enthalten charakteristische Aromastoffe. Diese Aromastoffe können über Rezeptoren in Deiner Nasenschleimhaut unmittelbar Reaktionen im Gehirn auslösen. Der Geruch Deines Lieblingsgewürz kann dadurch sofort Deine Stimmung heben, Dich entspannen oder Deinen Appetit und damit auch Deine Verdauungsorgane anregen. Dieselben Wirkungen sind möglich, wenn sich die Aromastoffe beim Kauen im Mund entfalten. Für Duft und Geschmack sind vor allem die ätherischen Öle von Gewürzen verantwortlich. Ätherische Öle können zudem eine hohe Wirksamkeit gegen Pilze, Bakterien oder Viren haben. Gewürze mit ätherischem Öl leisten damit einen Beitrag, dass sich die Anzahl von potenziellen Krankheitserregern in Speise und im Mundraum reduziert. [2]

Auch die Bitterstoffe vieler Gewürze sind von Belang. Bei Kontakt mit unseren Bitterrezeptoren können sie nicht nur einen bitteren Geschmack auslösen. Sie wirken zudem auf den Parasympathikus des vegetativen Nervensystems. Damit können sie dafür sorgen, dass während des Essens das Blut dorthin gelangt, wo es hingehört: zu den Verdauungsorganen. Das vegetative Nervensystem ist eine wichtige Schaltzentrale und auch für die Verteilung des Blutes innerhalb des Körpers zuständig. Ist der Parasympathikus aktiv, steigert das die Durchblutung in den Organen des Bauchraums.

Die möglichen Wirkungen der Gewürze auf unseren Verdauungstrakt sind besonders umfangreich. Ihr Geruch und Geschmack fördert die Produktion und Sekretion von Verdauungssäften wie Speichel, Magensäure, Gallensäuren und des Pankreassaftes sowie die muskuläre Bewegung der Speiseröhre, des Magens und des Darms. Sie begünstigen zudem die Zusammensetzung unserer Darmflora. [3] Diese Wirkungen sind wichtig für unser Wohlergehen. Denn ein auf diese Weise angeregter Verdauungstrakt sorgt dafür, dass wir Nähr- und Vitalstoffe aus unserer Ernährung besser verdauen und aufnehmen können.

Gewürzpflanzen haben meist einen hohen Anteil an Polyphenolen wie zum Beispiel Flavonoiden. Diese zeichnen sich durch eine Vielzahl an Wirkungen aus. Insbesondere sind ihre antioxidativen Eigenschaften erwähnenswert. Sie bieten uns einen Schutz gegen sogenannte freie Radikale. Diese können unsere Zellen belasten und schädigen. [4]

Woher Du Deine Gewürze beziehen kannst

Die allermeisten Gewürze lassen sich frisch und getrocknet einsetzen. Nur ca. 10 % der in Deutschland gehandelten Gewürze werden auch hierzulande angebaut. Der Rest stammt aus preiswerten Importen aus mehr oder weniger kontrolliertem Anbau. Der Großteil stammt aus Indien. [1] Gewürze aus heimischen Anbau (sofern möglich) sind meiner Meinung nach aufgrund besserer Kontrollen generell vorzuziehen. Wer die volle Wirkung von Gewürzen erleben möchte, sollte zusätzlich auf Bio-Anbau achten.

Am besten Du baust Dir Deine Lieblingsgewürze zusätzlich auf dem heimischen Balkon oder im eigenen Garten an. Was gibt es Schöneres als das Butterbrot mit frischem Schnittlauch oder den Eintopf mit frischem Majoran zu würzen? Wenn Du selbst angebaute Heilpflanzen trocknen willst, dann empfehle ich Dir meinen Beitrag: „Heilpflanzen trocknen – Do it yourself!“

Weitere Tipps:

Und zum Schluss

Menschen in Österreich nehmen durchschnittlich deutlich mehr Gewürze zu sich als Menschen in Deutschland, im Schnitt 1300 g mehr pro Jahr. Ob die leicht höhere Lebenserwartung der Menschen in Österreich damit in Zusammenhang stehen könnte? Darüber lässt sich nur spekulieren. Auf jeden Fall lebt es sich gesund mit Gewürzen. Verwendest Du Gewürze, kannst Du damit Deine Verdauungsleistung aktivieren und Deinen Körper mit Antioxidantien versorgen.

Literatur

[1] Hoppe B, Plescher A. Der Anbau von Arznei- und Gewürzpflanzen in Deutschland. Zeitschrift für Phytotherapie 2016; 37: 105-108. DOI: 10.1055/s-0042-109494

[2] Zimmermann E. Aromatherapie für Pflege- und Heilberufe. 7 Aufl. Stuttgart: Thieme; 2022

[3] Jobst D. Der Hase im Pfeffer – Gewürze aus medizinischer Sicht. Zeitschrift für Phytotherapie 2022; 43: 121-127. DOI: 10.1055/a-1664-6464

[4] Klein J. Gewürze und ihre verborgene Heilkraft – mit Genuss zur Gesundheit. Zeitschrift für Phytotherapie 2016; 37: 109-113. DOI: 10.1055/s-0042-109834


Wichtiger Hinweis!

Wie jede Wissenschaft ist die Heilpflanzenkunde ständigen Entwicklungen unterworfen. Soweit in diesem Beitrag medizinische Sachverhalte, Anwendungen und Rezepturen beschrieben werden, handelt es sich naturgemäß um allgemeine Darstellungen, die eine individuelle Beratung, Diagnose und Behandlung durch eine Ärztin, einen Arzt oder eine/einen Apothekerin nicht ersetzen können. Jede/Jeder Nutzende ist für die etwaige Anwendung und vorherige sorgfältige Prüfung von Dosierungen, Applikationen oder sonstigen Angaben selbst verantwortlich. Autoren und Autorinnen und Verlag haben große Sorgfalt darauf verwendet, dass diese Angaben bei ihrer Veröffentlichung dem aktuellen Wissensstand entsprechen. Eine Haftung für Schäden oder andere Nachteile ist jedoch ausgeschlossen.

Für die meisten Heilpflanzen fehlen Studien zu Unbedenklichkeit bei der Anwendung in der Schwangerschaft und während der Stillzeit, sowie bei Säuglingen, (Klein-)Kindern und Jugendlichen unter 18 Jahren. Alle beschriebenen Anwendungen sollten daher, sofern nicht ausdrücklich im Beitrag anders beschrieben, bei diesen Personen und in diesen Lebensphasen nicht ohne ärztliche Zustimmung angewendet werden.

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