Pflanzenheilkunde

Haselnuss – Wildstrauch und Volksmedizin

28. Oktober 2022
Haselnussstrauch

Die Haselnuss gehört zu den häufigsten heimischen Wildsträuchern. Vielleicht kennst Du von deinen Spaziergängen Plätze mit Haselsträuchern. Jetzt im Herbst fallen die reifen Haselnüsse vom Strauch. Die Haselnüsse sind sehr wertvoll und bieten zahlreiche Verwendungsmöglichkeiten. Für unsere Vorfahren hatte die Hasel auch außergewöhnliche Zauberkräfte.

Rudi Beiser

Lesezeit: 5 Minuten

Haselnuss: wertvolle und vielseitige Inhaltsstoffe

Die Haselnussfrüchte sind ein wertvoller Lieferant von Fetten (60–65%) und Proteinen (12–16%). Die enthaltenen gesunden Fettsäuren Ölsäure und Linolsäure tragen zur Senkung des Cholesterinspiegels bei [1]. Außerdem liefern Haselnüsse Spitzenwerte an Vitamin E, Kalium, Kalzium, Magnesium und Eisen. Der Magnesiumgehalt deckt mit 160 mg je 100 g Haselnüsse mehr als die Hälfte des Tagesbedarfs. Auch der Gehalt an Vitamin E ist mit rund 26 mg/100 g hervorzuheben. Das Antioxidans könnte die Bildung Freier Radikale verhindern [2].

Haselnussfrüchte
Aufgrund der hohen Energiedichte sind Haselnüsse sind ein richtiger Brainfood. Quelle: Rudi Beiser, Friesenheim

Haselnüsse als Brainfood

Aufgrund der hohen Energiedichte solltest Du die Nüsse jedoch in Maßen genießen: Eine Handvoll am Tag ist beste Nahrung für Gehirn und Nervensystem (Brainfood). Denn die Inhaltstoffe können die Gedächtnisleistung und Konzentration fördern. Vermutlich aus diesem Grund landeten sie im sogenannten Studentenfutter. Das Studentenfutter wird schon seit dem 17. Jahrhundert aus Nüssen und Trockenfrüchten gemischt.

Vorsicht! Leider gehören Nüsse zu den allergenen Nahrungsmitteln. Für einige Menschen mit Nussallergie sind Haselnüsse nicht verträglich, sie können sogar lebensgefährlich sein. Eine Allergie gegen Haselnüsse kann sich nach dem Verzehr in tränenden Augen, durch juckende Haut oder Brennen auf der Zunge äußern und im schlimmsten Fall sogar zu einem lebensbedrohlichen allergischen Schock mit Schwellungen in den Atemwegen begleitet von Atemnot und Herz-Kreislaufbeschwerden bis hin zum Herzstillstand führen.  

Vielseitige Verwendungsmöglichkeiten von Haselnüssen

Die leckeren Haselnüsse sind ganz oder gemahlen vielseitig einsetzbar: in Studentenfutter, Energieriegel oder Müsli gemischt, als Backzutat für Kuchen und Brote oder für Nussmus, Nusspesto (siehe Rezept) und Nussbutter. Es gibt auch kleine Haushalts-Ölpressen, mit denen Du aus den Haselnüssen ein wunderbares Öl pressen kannst. Mit gerösteten Nüssen lässt sich auch ein Likör aromatisieren. Überhaupt intensiviert das Rösten im Backofen (10–15 Minuten bei 100° C) das feine nussige Aroma. Außerdem löst sich dabei die dünne braune Außenhaut, die etwas bitter schmeckt. Um die Außenhaut komplett loszuwerden, werden die Nüsse nach dem Rösten in ein Geschirrtuch gelegt und darin gerieben.

Blütenkätzchen der Hasel
Im Februar blühen die männlichen Blütenkätzchen der Hasel. Quelle: Rudi Beiser, Friesenheim

Haselnussblätter und -blüten in der Volksmedizin

In der Volksmedizin werden vor allem Blätter und Blütenkätzchen der Hasel für Heilzwecke verwendet. Die im Februar blühenden männlichen Blütenkätzchen gelten in der Volksmedizin als schweißtreibendes und fiebersenkendes Erkältungsmittel und können sehr gut mit Lindenblüten zu einem Erkältungstee kombiniert werden. Sie werden mit heißem Wasser überbrüht und 5 Minuten ziehen gelassen (1 EL auf 200 ml Wasser).

Die Blätter der Hasel enthalten zahlreiche Gerbstoffe. Wegen der zusammenziehenden Wirkung der Gerbstoffe könnten die Blätter in der Volksmedizin bei Wunden, Hauterkrankungen und Durchfall eingesetzt werden. Außerdem nutzt man sie in der Volksmedizin zum Gurgeln bei Entzündungen in Mund und Rachen. Früher wurden die Blätter auch bei Bronchitis eingesetzt, eine Anwendung, die inzwischen von der Gemmotherapie aufgegriffen wurde. Das Gemmo-Mazerat Hasel ist ein wichtiges Mittel bei Lungenerkrankungen und Bronchitis.

Hinweis! Bei Wunden, Hauterkrankungen, Durchfall und Entzündungen in Mund und Rachen solltest Du vorher eine Ärztin oder einen Arzt aufsuchen.

Die Blätter der Hasel wirken antioxidativ und antimikrobiell, denn sie enthalten viele Phenolsäuren [3]. Für einen Tee nimmt man 2 TL auf eine Tasse heißes Wasser.

Hinweis! Offizielle Monografien der Kommission E, der ESCOP, der WHO oder der HPMC zu den Blättern und Blüten der Haselnuss liegen keine vor. Die oben beschriebenen Anwendungen beruhen auf den Erkenntnissen der Volksheilkunde. Nebenwirkungen sind bislang keine bekannt.

Die Zauberkräfte der Hasel

Die fettreichen Haselnüsse waren schon bei unseren steinzeitlichen Vorfahren eine wertvolle Sammelnahrung. Deshalb war die Hasel Jahrtausende lang ein hochgeachteter Baum. Bei den Kelten wurde der Haselnussbaum als heilig verehrt. Dem Holz schrieb man außergewöhnliche Zauberkräfte zu. Man verwendete gegabelte Haselzweige als Wünschelruten um Wasseradern und Quellen zu finden. Man nahm die Wünschelrute nicht nur zum Wassersuchen, sondern auch um verborgene Schätze, Erze, Metalle, verirrtes Vieh oder sogar Verbrecher aufzuspüren.

Schutzzauber mit Holz der Hasel

Aber das Holz des Haselstrauchs bot auch Schutz vor Gewitter und Schlangen. Im Mittelalter schlug man deshalb 3 Stifte aus Haselholz ins Dachgebälk, um Blitze abzuleiten. Oder man warf 7 Haselblütenkätzchen ins Herdfeuer und der aufsteigende Rauch vertrieb das Gewitter. Nach einer christlichen Legende bekam die Hasel ihre besonderen Abwehrkräfte durch die Gottesmutter Maria, die einst unter einem Haselstrauch Schutz vor einem Gewitter fand. Daraufhin bat sie Gott er möge den Haselstrauch zum Dank auf ewige Zeiten vom Blitz verschonen.

Auch beim Wandern trug man einen Haselstock bei sich, weil man damit angeblich giftige Schlangen abwehren konnte. Man glaubte, schon die leichteste Berührung mit einem Haselstock genüge, um sie zu töten.

Die Haselnuss als Symbol der Fruchtbarkeit

Die Haselnuss ist ein uraltes Symbol für Lebenskraft und Fruchtbarkeit. Deshalb assoziierte man die Nüsse in der Volkserotik mit Sexualität. Die einzelne Haselnuss galt als Vulva-Symbol, während zwei paarweise zusammenstehende Nüsse als Hoden gedeutet wurden. In der Volksmagie nutzte man die Nüsse deshalb als Gegenmittel für Impotenz und Lustlosigkeit.

Im Mittelalter galt der Ausdruck „Nüsse knacken“ als Synonym für die „Entjungferung“ der Frau, was uns in vielen derben Sprüchen und Volksliedern überliefert ist. Auch die Redewendung „in die Haseln gehen“ war eine deutliche Anspielung auf vorehelichen Geschlechtsverkehr. Sprüche wie „Der ist wohl aus einer Haselstaude entsprungen“ oder „Viel Hasel, viel Kinder ohne Vater“ waren deutliche Anspielungen auf uneheliche Kinder. Einer jungen Frau, der man nachsagte, dass man mit ihr schnell „in die Haseln gehen konnte“, bekam am 1. Mai keinen Birkenmaien vor das Haus gestellt, sondern einen Haselstrauch.

Haselnuss-Pesto

Zutaten

  • 200 g Haselnüsse
  • 150 ml Olivenöl
  • 70 g getrocknete Tomaten in Öl
  • Saft und abgeriebene Schale 1 kleinen (Bio-) Zitrone
  • 1 Bund Petersilie
  • 1 kleine Chili
  • 1 TL Salz

Zubereitung

Die Haselnüsse in einer trockenen Pfanne oder im Backofen (10–15 Minuten bei 100° C) anrösten und abkühlen lassen. Zusammen mit den anderen Zutaten im Mixer pürieren.
So eignet sich das Haselnuss-Pesto als Brotaufstrich oder unter Nudeln gezogen. Bei der Nutzung für Nudelgerichte kannst Du das Pesto optional mit 100 ml Sahne (oder veganer Alternative) verdünnen.

Achtung! Für Menschen mit Nussallergie sind Haselnüsse nicht verträglich. Sie sollten daher die Hasel-Pesto nicht verzehren.

Und zum Schluss …

Die Haselnuss galt unseren Vorfahren als heilig und wurde für zahlreiche magische Zwecke eingesetzt. Heute bieten uns die Früchte aromatische Genusserlebnisse und sind zudem ein wertvoller Lieferant von gesunden Fetten. 

Literatur

[1] Durak I, Köksal I, Kaçmaz M et al. Hazelnut supplementation enhances plasma antioxidant potential and lowers plasma cholesterol levels. Clin Chim Acta 1999; 284: 113-5. DOI: 10.1016/s0009-8981(99)00066-2

[2] Delgado T, Malheiro R, Pereira JA et al.Hazelnut (Corylus avellana L.) kernels as a source of antioxidants and their potential in relation to other nuts. Industrial Crops and Products 2010; 32: 621-626. DOI: 10.1016/j.indcrop.2010.07.019

[3] Oliveira I, Sousa A, Valentão P et al. Hazel (Corylus avellana L.) leaves as source of antimicrobial and antioxidative compounds. Food Chemistry 2007; 105: 1018-1025. DOI: 10.1016/j.foodchem.2007.04.059

[4] Beiser R. Wildfrüchte. Stuttgart; Trias 2018

Wichtiger Hinweis!

Wie jede Wissenschaft ist die Heilpflanzenkunde ständigen Entwicklungen unterworfen. Soweit in diesem Beitrag medizinische Sachverhalte, Anwendungen und Rezepturen beschrieben werden, handelt es sich naturgemäß um allgemeine Darstellungen, die eine individuelle Beratung, Diagnose und Behandlung durch eine Ärztin, einen Arzt oder eine/einen Apothekerin nicht ersetzen können. Jede/Jeder Nutzende ist für die etwaige Anwendung und vorherige sorgfältige Prüfung von Dosierungen, Applikationen oder sonstigen Angaben selbst verantwortlich. Autoren und Autorinnen und Verlag haben große Sorgfalt darauf verwendet, dass diese Angaben bei ihrer Veröffentlichung dem aktuellen Wissensstand entsprechen. Eine Haftung für Schäden oder andere Nachteile ist jedoch ausgeschlossen.

Für die meisten Heilpflanzen fehlen Studien zu Unbedenklichkeit bei der Anwendung in der Schwangerschaft und während der Stillzeit, sowie bei Säuglingen, (Klein-)Kindern und Jugendlichen unter 18 Jahren. Alle beschriebenen Anwendungen sollten daher, sofern nicht ausdrücklich im Beitrag anders beschrieben, bei diesen Personen und in diesen Lebensphasen nicht ohne ärztliche Zustimmung angewendet werden.


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