Pflanzenheilkunde

Teemischung bei unkomplizierter Harnblasenentzündung

12. September 2023
Frau mit Harnblasenentzündung

Eine Harnblasenentzündung (Zystitis) tritt besonders häufig bei Frauen auf. Beinahe 70 Prozent der erwachsenen Frauen sind in ihrem Leben mindestens einmal davon betroffen. Bei einem unkomplizierten Verlauf greifen immer mehr Betroffene zu Heilpflanzen. Denn die können den Bakterien in der Blase das Leben schwermachen. 

Sebastian Vigl

Lesezeit: 3,5 Minuten

Wie sich die akute unkomplizierte Harnblasenentzündung zeigt

Bei einer unkomplizierten Harnblasenentzündung treten häufig recht typische Symptome auf: Haben sich Erreger in der Harnblase eingenistet, müssen Betroffene oft zur Toilette, beim Wasserlassen schmerzt und sticht es. Meist riecht der Urin durch die Entzündung unangenehm und ist trübe.

In der Regel verläuft eine unkomplizierte Blasenentzündung auch unkompliziert und die Infektion bleibt auf die Blase beschränkt. Liegen jedoch Veränderungen oder anatomische Besonderheiten im Bereich der Harnwege vor, hat der Betroffene bereits geschädigte Nieren oder eine durch Medikamente oder andere Erkrankungen wie AIDS bedingte Immunschwäche, können Komplikationen auftreten. Zu diesen zählt beispielsweise eine Nierenbeckenentzündung.

Harnblasenentzündungen beim Mann werden prinzipiell auch als komplizierte Erkrankungen gewertet, denn bei Männern treten sie nur selten auf. Wenn sie auftreten, ist das oft ein Hinweis auf eine andere zugrundeliegende Erkrankung, zum Beispiel der Prostata.

Wann solltest Du zum Arzt?

Einer ärztlichen Abklärung bedürfen unkomplizierte Harnblasenentzündungen, die sich nach spätestens 3 Tagen nicht bessern oder die wiederholt auftreten. Tritt eines der folgenden Symptome auf, suche umgehend ärztliche Hilfe: stechende Schmerzen im Unterbauch oder Blut im Urin, Krankheitsgefühl, Fieber oder/und Schmerzen, die in den Rücken oder in den Bereich unter den Rippen ausstrahlen. Hier kann die Infektion bereits das Nierenbecken erreicht haben.

Eine sofortige Abklärung der Beschwerden, auch bei Symptomen einer unkomplizierten Harnblasenentzündung, muss bei Menschen mit Veränderungen oder anatomischen Besonderheiten im Bereich der Harnwege oder Nierenerkrankungen wie zum Beispiel einer Niereninsuffizienz erfolgen. Außerdem sollten Männer prinzipiell jede Harnblasenentzündung ärztlich abklären lassen.

Erste Anlaufstelle ist die hausärztliche Praxis, es kann aber auch gynäkologische (bei Frauen) oder eine urologische Facharztpraxis aufgesucht werden.

Drei Pflanzen bei unkomplizierter Harnblasenentzündung

Bei einer unkomplizierten Harnblasenentzündung werden Antibiotika immer seltener eingesetzt. Heilpflanzen spielen hingegen eine wachsende Bedeutung bei der Behandlung.

Eines haben die drei folgenden Pflanzen alle gemein: Sie erhöhen die Harnmenge. Dies sorgt für eine verstärkte Durchspülung der Harnwege (sogenannte Durchspülungstherapie), womit die Erreger ausgeschieden oder auch ausgeschwemmt werden können. Zudem hat jede von ihnen noch besondere Wirkungen.

Brennnessel (Urtica dioica)

In Studien schwächten die Wirkstoffe der Brennnessel die Schutzmechanismen des häufig für Harnblasenentzündung verantwortlichen Bakteriums Escherichia coli (E. coli). Dieses bildet eine Schutzschicht (sogenannter Biofilm) um seine Kolonien. Die Brennnessel hemmt – wahrscheinlich sind Flavonoide dafür verantwortlich – die Entstehung dieses Biofilmes. Die Gerbstoffe der Brennnessel sorgen unter den E. coli für zusätzliche Verwirrung, da sie eine ähnliche Struktur haben wie die Schleimhautzellen unserer Harnwege. So kommt es zu Verwechslungen: Manche Bakterien haften sich nicht an die Schleimhaut, sondern an Brennnesselgerbstoffe und werden dann zusammen mit diesen ausgespült [1].

Die Brennnesselblätter eignen sich laut den Monografien von HMPC, Kommission E und ESCOP zur Durchspülung bei entzündlichen Erkrankungen der ableitenden Harnwege.

Kahles Bruchkraut (Herniaria glabra)

Eine wenig bekannte, aber bei Harnblasenentzündungen meiner Erfahrung nach wertvolle Heilpflanze, ist das Kahle Bruchkraut. Besonders hilfreich finde ich die krampflösenden Eigenschaften der Pflanze, wofür ihre Cumarine und Flavonoide verantwortlich sein dürften. Bruchkraut enthält auch Triterpensaponine, die bei der harnvermehrenden Wirkung eine Rolle spielen [2].

ESCOP und Kommission E geben noch keine Auskunft über mögliche Einsatzmöglichkeiten des Bruchkrauts. Das HMPC befürwortetet seinen Einsatz zur Erhöhung der Harnmenge und damit zur Durchspülung der Harnwege unterstützend bei leichten Harnwegsbeschwerden.

Löwenzahn (Taraxacum sect. Ruderalia)

Die Blätter des Löwenzahns ( früher Taraxacum officinale) wirken aufgrund ihres hohen Kaliumgehalts harnvermehrend, wahrscheinlich spielen auch hier die Flavonoide bei der harnvermehrenden Wirkung eine Rolle. Auf eine hohe Kaliumzufuhr reagiert der Körper mit einer vermehrten Ausscheidung von Wasser über die Nieren. Praktisch: Durch die gesteigerte Harnausscheidung wird gleichzeitig auch das Kalium ausgeschwemmt, was eine Übersättigung mit diesem Element verhindert. Denn ist der Kaliumspiegel im Blut zu hoch (Hyperkaliämie,) kann dies unter anderem die Funktion des Herzens stören [3].

ESCOP, Kommission E und HMPC empfehlen Löwenzahnblätter zur Anregung der Harnmenge, u.a. bei Entzündungen der Harnwege.

Mit folgender Rezeptur habe ich in meiner Praxis gute Erfahrungen gemacht.

Tee bei unkomplizierter Harnblasenentzündung

Rezeptur

  • 30 g Löwenzahnblätter (Taraxaci folium)
  • 30 g Kahles Bruchkraut (Herniariae herba)
  • 30 g Brennnesselblätter (Urticae folium)

Einnahmeempfehlung

Den Tee bis zum Abklingen der Beschwerden, jedoch maximal 3 Wochen, 3-mal tgl. vor den Mahlzeiten ungesüßt trinken. Dazu 1 EL der Teemischung mit 250 ml siedendem Wasser übergießen, zugedeckt 15 Minuten ziehen lassen.

Damit die Durchspülungstherapie erfolgreich ist, nimm zusätzlich zum Tee mindestens 2,5 Liter Flüssigkeit pro Tag zu Dir.

Hinweis: Nach heutigen Erkenntnissen sind für die Einnahme der obigen Teemischung keine Wechselwirkungen oder Nebenwirkungen zu erwarten. Die Einnahme des Tees darf jedoch nicht bei Vorliegen von Ödemen infolge eingeschränkter Herz- und Nierentätigkeit oder bei bekannten Allergien gegen einen der Inhaltsstoffe erfolgen. Bitte besprich Dich daher vor der Einnahme des Tees auf jeden Fall zunächst mit Deinem Arzt oder Heilpraktiker.

Und zum Schluss …

Bei einer unkomplizierten Harnblasenentzündung können Heilpflanzen unterstützen, zum Beispiel indem sie Bakterien aus der Blase schwemmen. In meiner Praxis fand ich vor allem Bruchkraut, Brennnessel und Löwenzahn sinnvolle pflanzliche Mittel.

Literatur

[1] Wojnicz et al. Medicinal plants extracts affect virulence factors expression and biofilm formation by the uropathogenic Escherichia coli. Urol Res. 2012 Dec; 40(6): 683-97

[2] Hakim et al. Evaluation of the diuretic effect of crude ethanol and saponin-rich extracts of Herniaria glabra L. in rats. J Ethnopharmacol. 2021 Jun 12; 273: 1139-42

[3] Clare et al. The diuretic effect in human subjects of an extract of Taraxacum officinale folium over a single day. J Altern Complement Med. 2009 Aug; 15(8): 929-34


Wichtiger Hinweis!

Wie jede Wissenschaft ist die Heilpflanzenkunde ständigen Entwicklungen unterworfen. Soweit in diesem Beitrag medizinische Sachverhalte, Anwendungen und Rezepturen beschrieben werden, handelt es sich naturgemäß um allgemeine Darstellungen, die eine individuelle Beratung, Diagnose und Behandlung durch eine Ärztin, einen Arzt oder eine/einen Apothekerin nicht ersetzen können. Jede/Jeder Nutzende ist für die etwaige Anwendung und vorherige sorgfältige Prüfung von Dosierungen, Applikationen oder sonstigen Angaben selbst verantwortlich. Autoren und Autorinnen und Verlag haben große Sorgfalt darauf verwendet, dass diese Angaben bei ihrer Veröffentlichung dem aktuellen Wissensstand entsprechen. Eine Haftung für Schäden oder andere Nachteile ist jedoch ausgeschlossen.

Für die meisten Heilpflanzen fehlen Studien zu Unbedenklichkeit bei der Anwendung in der Schwangerschaft und während der Stillzeit, sowie bei Säuglingen, (Klein-)Kindern und Jugendlichen unter 18 Jahren. Alle beschriebenen Anwendungen sollten daher, sofern nicht ausdrücklich im Beitrag anders beschrieben, bei diesen Personen und in diesen Lebensphasen nicht ohne ärztliche Zustimmung angewendet werden.

Teilen

Das könnte Dir auch gefallen