Den Löwenzahn kennt vermutlich jeder. Wer hat nicht schon mit Freude die kleinen Fallschirmchen der Pusteblume in die Welt hinausgeblasen. Vor allem zur Blütezeit von April bis Mai macht sich der strahlendgelbe Korbblütler auf fast allen Grünflächen bemerkbar. Er ist sowohl eine essbare Wildpflanze als auch eine Heilpflanze.
Lesezeit: 4 Minuten
Löwenzahn: Superstar der Wildgemüse
Der Löwenzahn (Taraxacum sect. Ruderalia – früher Taraxacum officinale) schmeckt nicht nur Kühen, Schafen, Hasen und Hühnern, sondern er wird seit Jahrhunderten auch von uns Menschen für Nahrungszwecke gesammelt. In der seit einigen Jahrzehnten immer populärer werdenden Wildkräuterküche zählt er aufgrund seines guten Geschmacks zu den Superstars. Von Ende Februar bis Mitte Mai kannst Du die jungen Blätter der bodenständigen Rosette ernten. Am besten schmecken die zarten Blättchen aus der Rosettenmitte. Sie haben einen chicoréeartigen, feinbitteren Geschmack. In einigen Regionen wie z.B. in Elsass und Lothringen zählt der Löwenzahnsalat zur traditionellen Frühjahrsküche, verfeinert mit hartgekochten Eiern, gebratenen Speckwürfeln, Walnusskernen oder gerösteten Brot-Croutons. Die Blätter passen aber auch hervorragend in Suppen, Eierspeisen, Pesto, Smoothies, oder sie werden wie Spinat als Gemüse gedünstet. Ältere Blätter werden zunehmend bitter und faserig. Die Blatternte ist im Mai jedoch nicht beendet, denn nach dem Abschneiden oder Mähen treibt die vitale Pflanze wieder junge Blätter aus.
Bevor sich im April die Blüten öffnen, schenkt uns der Löwenzahn eine besondere Delikatesse: die fest geschlossenen Blütenknospen. Sie sehen wie kleine Rosenköhlchen aus. Man kann sie sogar roh knabbern, in den Salat geben oder noch besser in Fett (Butter oder Öl) andünsten.
Die strahlend gelben Blüten sind eine leckere Speisedekoration. Da sie leicht süßlich schmecken, eignen sie sich nicht nur für Salate und Kräuterbutter, sondern auch zum Bestreuen von süßen Desserts wie Quarkspeisen. Die Blüten werden auch gerne als Grundlage für Sirup, Likör oder Blütengelee verwendet. Am besten Du nimmst dazu nur die gelben Zungenblüten und entfernst den bitteren, grünen Kelch.
Auch die Pfahlwurzeln werden in der Wildkräuterküche verwendet: Man gräbt sie von September bis Februar aus, denn in dieser Zeit sind sie weniger bitter und enthalten viel Inulin. Früher hat man sie vor allem als Kaffeeersatz verwendet, indem man die Wurzeln braun geröstet hat. [3]
Mit Löwenzahn stark und gesund wie ein Löwe
Der Löwenzahn schmeckt nicht nur lecker, er ist auch sehr nährstoffreich. Die Blätter enthalten zum Beispiel deutlich mehr Provitamin A als die dafür bekannte Karotte. Dieses Vitamin könnte beispielsweise freie Radikale binden. Es ist auch für die Hautregeneration und das Sehen (Netzhaut) wichtig. Außerdem enthält Löwenzahn sehr viel Kalium (540 mg /100 g), das bei der Blutdruckregulierung eine wichtige Rolle spielt. Auch Kalzium, Eisen (3,3 mg/ 100 g) und B-Vitamine sind reichlich vorhanden. Der Vitamin-C-Gehalt der Blätter ist mit durchschnittlich 78 mg/100 g höher als der der Zitrone (50 mg/100 g).
Löwenzahn: wirksame Heilpflanze
Der Löwenzahn ist eine anerkannte Arzneipflanze. Seine Wirksamkeit ist in den verschiedenen Monografien der Kommissionen E, ESCOP und HMPC dokumentiert. Man verordnet deshalb daraus hergestellte Tees und Tinkturen vor allem bei Appetitlosigkeit und Verdauungsbeschwerden wie Blähungen und Völlegefühl sowie zur Anregung der Gallefunktion. Außerdem nutzt man die harntreibende Wirkung zur Durchspülung der Harnwege bei Harnwegsbeschwerden. Diese Wirkung wird auch in den unzähligen Volksnamen aufgegriffen. So heißt der Löwenzahn auch beispielsweise „Bettseicher“, „Bettpisser“ oder im Französischen „pisenlit“.
An der Wirkkraft der Wiesenpflanze sind zahlreiche Inhaltsstoffe beteiligt, vor allem Bitterstoffe (Sesquiterpenlactone), Triterpene, Flavonoide und Kalium. Für medizinische Zwecke werden die Wurzeln und das Kraut verwendet. Die Wurzeln enthalten etwas mehr Bitterstoffe, die Blätter mehr Kalium und Flavonoide. Deshalb wirken die Blätter besonders harntreibend, die Wurzeln dagegen stärker auf den Verdauungstrakt. Sie sind vor allem im Frühjahr (März) besonderes reich an Bitterstoffen und werden daher im Gegensatz zur Nutzung als Gemüse nicht in der Winterruhe geerntet. [2]
Wegen der stoffwechselanregenden Wirkung wird der Löwenzahn auch gerne in Form von Frischpflanzensäften bei Frühjahrskuren und zur Entgiftung und Ausleitung eingesetzt. Die Volksmedizin kennt auch die Nutzung bei rheumatischen Beschwerden und Hauterkrankungen. In der türkischen Volksmedizin und der Traditionellen Chinesischen Medizin (TCM) nutzt man den Löwenzahn als Antidiabetikum. Neuere Forschungsarbeiten bestätigen für den Löwenzahn leberschützende und krebshemmende Wirkungen. [1]
Wichtige Inhaltsstoffe der Löwenzahnblätter
- Sekundäre Pflanzenstoffe: Sesquiterpenlactone, Flavonoide (z.B. Apigenin, Luteolin), Phenolsäuren (z.B. Kaffeesäure, Chlorogensäure), Triterpene (z.B. Taraxasterol, Taraxerol) und Cumarine (z.B. Umbelliferon, Cichoriin)
- Nährstoffe: Proteine, Provitamin A, Vitamin C, Kalium, Kalzium, Eisen
Löwenzahnknospen-Gemüse
Zutaten
- 1 Zwiebel
- 1 rote Paprikaschote
- 3 EL Olivenöl
- 500 g fest geschlossenen Löwenzahnknospen
- 3 EL Tomatenmark
- 1 TL Oregano
- 1 EL Sojasoße
- 2 EL Wasser
- Pfeffer
- Salz
- gekörnte Brühe/Hefebrühe
Zubereitung
Die kleingehackte Zwiebel und die in Würfel geschnittene Paprika 3 Minuten in Öl andünsten. Dann Löwenzahnknospen, Tomatenmark und Oregano dazugeben. Sojasoße mit Wasser verrühren und dazugeben. Unter Rühren weitere 4–5 Minuten garen, bis die Flüssigkeit weitgehend verdampft ist. Mit Salz, Pfeffer und Brühe abschmecken. Du kannst dieses Gericht pur genießen, unter Nudeln ziehen oder als Pizzabelag verwenden.
Hinweis! Bei bekannter Korbblütlerallergie und einer Überempfindlichkeit gegen Löwenzahn sollte auf die Einnahme verzichtet werden.
Und zum Schluss….
Der Löwenzahn gehört zu den bekanntesten heimischen Wildpflanzen. Du kannst seine Wurzeln und Blätter als Heilpflanze einsetzen. Der Tee wirkt vor allem harntreibend und verdauungsfördernd. Die hübsche Wiesenpflanze ist außerdem ein leckeres Wildgemüse, mit dem Du deinen Speiseplan bereichern kannst.
Literatur
[2] Stern C, Ell-Beiser H. Phytotherapie. 1. Aufl. Aarau und München: AT Verlag; 2022
[3] Beiser R. Wildkräuter. Stuttgart: Trias; 2017
Wichtiger Hinweis!
Wie jede Wissenschaft ist die Heilpflanzenkunde ständigen Entwicklungen unterworfen. Soweit in diesem Beitrag medizinische Sachverhalte, Anwendungen und Rezepturen beschrieben werden, handelt es sich naturgemäß um allgemeine Darstellungen, die eine individuelle Beratung, Diagnose und Behandlung durch eine Ärztin, einen Arzt oder eine/einen Apothekerin nicht ersetzen können. Jede/Jeder Nutzende ist für die etwaige Anwendung und vorherige sorgfältige Prüfung von Dosierungen, Applikationen oder sonstigen Angaben selbst verantwortlich. Autoren und Autorinnen und Verlag haben große Sorgfalt darauf verwendet, dass diese Angaben bei ihrer Veröffentlichung dem aktuellen Wissensstand entsprechen. Eine Haftung für Schäden oder andere Nachteile ist jedoch ausgeschlossen.
Für die meisten Heilpflanzen fehlen Studien zu Unbedenklichkeit bei der Anwendung in der Schwangerschaft und während der Stillzeit, sowie bei Säuglingen, (Klein-)Kindern und Jugendlichen unter 18 Jahren. Alle beschriebenen Anwendungen sollten daher, sofern nicht ausdrücklich im Beitrag anders beschrieben, bei diesen Personen und in diesen Lebensphasen nicht ohne ärztliche Zustimmung angewendet werden.