Pflanzenheilkunde

Heilpflanzen bei Sportverletzungen

29. August 2023
Läufer mit verletztem Knöchel

Wer kennt das nicht: Da hast man den inneren Schweinehund überwunden und sich aufgerafft, mal wieder Sport zu machen. Und prompt hat man sich überlastet, ist umgeknickt oder hat sich anderweitig verletzt. Hilfe findest Du in dem Fall bei Heilpflanzen wie Beinwell oder Arnika.  

Martin Zwiesele

Lesezeit: 5 Minuten

Unter Sportverletzungen versteht man Prellungen und Quetschungen, Knochenbrüche, Verrenkungen, Verstauchungen, Überdehnungen oder Zerrungen. Diese kommen bei erhöhter körperlicher Belastung im Sport vor, können aber auch im sonstigen Alltag auftreten. Sie können entstehen, wenn Du Deinen Körper übermäßig, einseitig oder auf ungesunde Weise beanspruchst.

Du kannst Verletzungen vorbeugen, indem Du Dich vor dem Sport ordentlich dehnst und aufwärmst. Überfordere Dich nicht: Setze realistische Ziele – vom untrainierten Zustand zum Marathon ist es ein langer Weg! Nur so kannst Du die Gefahr, dass Dein Sport zum Mord – oder zumindest Körperverletzung – wird, deutlich reduzieren.

Sportverletzungen: Was tun, wenn‘s brennt?

Grundsätzlich gilt für die Erstversorgung von Sportverletzungen die sogenannte PECH-Regel: Pause machen, Kühlung (etwa durch Eis), Druck auf (englisch Compression) und Hochlagern des betroffenen Körperteils [1].

Merke: Bei schweren Verletzungen wie Verrenkungen oder Brüchen solltest Du auf jeden Fall unmittelbar einen Arzt aufsuchen. Auch leichtere Vorfälle wie Überdehnungen, Quetschungen oder Verstauchungen solltest Du sobald als möglich durch einen Arzt begutachten und mitbehandeln lassen.

Heilpflanzen können Dir jedoch hervorragend dabei helfen, im Fall eines Falles wieder gut auf die Beine zu kommen.

Starke Hilfe aus dem Pflanzenreich bei Sportverletzungen

Die Symptome bei einer Sportverletzung entsprechen häufig den klassischen 5 Entzündungszeichen: Die betroffene Stelle ist häufig gerötet (Rubor), teilweise stark überwärmt (Calor). Sie ist meistens geschwollen (Tumor) und schmerzhaft (Dolor), was zu einer eingeschränkten Funktionsfähigkeit (Functio laesa) führt.

Diese Beschwerden können mit zahlreichen Heilpflanzen sehr gut behandelt werden. Der Schwerpunkt liegt dabei meistens auf der äußeren Anwendung als Tee- oder Breiumschlag, Salben oder Einreibung mit Tinkturen.

Die Klassiker mit dem breitesten Wirkungsspektrum sind die Arnika und der Beinwell, weshalb ich mich auf diese beiden konzentrieren möchte.

Arnika – stark für Knochen und Gelenke

Arnika montana
Arnica montana. Quelle: Martin Zwiesele, Leipzig

Arnica montana wird auch Berg-Wohlverleih genannt – sie kommt entsprechend überwiegend im Gebirge vor. Inzwischen wird sie auch auf Feldern kultiviert. Verwendet werden die getrockneten Blüten (Arnicae flores) in Standardarzneimitteln und der Volksheilkunde auch die Wurzel (Arnicae radix).

Achtung: Bei einer Allergie gegen Korbblütler solltest Du vorsichtshalber auf die Verwendung von Arnika verzichten. Aufgrund fehlender Studien solltest Du Arnika nicht bei Schwangeren oder Kleinkindern unter 12 Jahren anwenden [2].

Inhaltsstoffe der Arnikablüten

  • Sesquiterpenlactone (Helenaline, Dihydrohelenaline)
  • Flavonoide
  • Caffeoylchinasäuren
  • Polyacetylene
  • Triterpensaponine
  • ätherisches Öl

Wie kannst Du Arnika bei Sportverletzungen anwenden?

Arnika kann eingesetzt werden zur Entzündungshemmung, Schmerzstillung und Durchblutungsförderung. Außerdem wirkt sie haut- und schleimhautreizend sowie hemmend auf Bakterien und Pilze. Die Kommission E empfiehlt Arnika zur äußerlichen Anwendung unter anderem bei Verletzungsfolgen wie Blutergüssen, Prellungen über Verstauchungen bis hin zu Brüchen.

Ich empfehle den äußerlichen Einsatz von Arnika 1-bis 3-mal am Tag. Wenn nach 1-2 Wochen keine Besserung zu erkennen ist, sollte die Anwendung beendet werden. 

Meistens wirst Du Arnika als Salbe oder Umschlag einsetzen. Als Grundlage für einen Umschlag ist die Tinktur am besten geeignet, die Du dazu mindestens 3- bis 10-fach mit Wasser verdünnen musst. [3]. Salbe und Tinktur sind in der Apotheke erhältlich.

Umschlag bei Sportverletzungen

  • Arnikablütentinktur (Arnica tinct.) 30 ml
  • Beinwelltinktur (Symphyti tinct.) 20 ml
Anwendung

Gib 1 TL Tinktur in 250 ml kaltes Wasser. Die Mischung auf ein dünnes Baumwolltuch geben, das die betroffene Köperstelle umfasst und 1- bis 3-mal täglich dort als Umschlag auflegen [4]. 

Was bei der Anwendung unbedingt zu beachten ist!

Generell wird aufgrund der reizenden Wirkung nur die äußerliche Anwendung von Tinkturen oder Teeauszügen auf intakter, unverletzter Haut empfohlen. Wenn Du Allergien gegen bestimmte Korbblütler hast, würde ich Arnika nur mit viel Vorsicht genießen: eine direkte Allergie gegen Arnika wäre eine absolute Kontraindikation.

Merke: Mögliche Nebenwirkungen bei geschädigter Haut oder längerer Anwendung sind etwa Hautentzündungen mit Bläschenbildung. Bei unverdünnter Anwendung können im Extremfall sogar zum Absterben von Hautgewebe (Nekrotisierung) kommen.

Über Wechselwirkungen mit Medikamenten ist nichts bekannt.

Neben naturheilkundlichen Standardpräparaten nimmt Arnika auch als Einzel- oder Komplexmittel einen prominenten Platz zur Behandlung traumatischer Verletzungen in der Homöopathie ein.

Bitte wende Dich für eine individuelle Anwendungsempfehlung in an Deinen Heilpraktiker oder Apotheker!

Beinwell – der Knochenheiler

Symphytum officinale. Quelle: Martin Zwiesele, Leipzig

Im Namen Beinwell steckt der Hinweis auf das Gebein – den Knochen, der wieder heil werden kann.  Der lateinische Begriff Symphytum officinale leitet sich vom griechischen „symphytos“her, was „zusammengewachsen“ bedeutet – der Beiname officinale verweist auf die jahrhundertelange Verwendung als Heilpflanze („officinalis“bedeutet „in der Apotheke gebräuchlich“). Die Pflanze aus der Familie der Raublattgewächse (Boraginaceen) enthält viel Kieselsäure als Strukturelement, was Du an den borstigen Härchen erkennen kannst. Medizinisch verwendet werden die Wurzel (Symphyti radix) und das Kraut (Symphyti herba) [5].

Inhaltsstoffe des Beinwellkrautes und -wurzel:

  • Gerbstoffe
  • Schleimstoffe
  • Kaffeesäurederivate, z.B. Rosmarinsäure
  • Allantoin
  • Pyrrolizidin-Alkaloide

Wir kannst Du den Beinwell bei Sportverletzungen anwenden?

Zu den breitgefächerten Wirkungen des Beinwells zählen Entzündungshemmung und Kallusbildung (Narbenbildung). Außerdem wirkt er abschwellend sowie lokal reizmildernd und schmerzstillend [6].

Die Kommission E empfiehlt Beinwell äußerlich bei Prellungen, Zerrungen und Verstauchungen. Darüber hinaus weist die ESCOP auf die Wirksamkeit bei Muskel- und Gelenkschmerzen nach Traumata, Arthrose, akuten Rückenschmerzen und diversen Entzündungen hin. Klinische Studien belegen etwa die kraftvolle Wirkung bei verstauchten Knöcheln: Schmerz, Entzündung und Schwellung wurden deutlich reduziert, die Bewegungsfähigkeit verbessert. In einer Vergleichsstudie mit Diclofenac schnitt die effektive Schmerzstillung und Bewegungsförderung durch Beinwellsalbe besser ab – ohne die typischen Nebenwirkungen der nichsteroidalen Antirheumatika [7].     

Das gilt es zu beachten!

Die im Beinwell enthaltenen Pyrrolizidinalalkaloide (PA) haben in Tierversuchen lebertoxische Wirkungen gezeigt. Daher wird eine innere Anwendung des Beinwells nicht mehr empfohlen. Nebenwirkungen oder Wechselwirkungen mit anderen Medikamenten sind bei der äußeren Anwendung von Beinwell nicht beobachtet worden.

Bei äußerlicher Anwendung solltest Du darauf achten, dass die Haut intakt ist und eine Behandlungsdauer von 4-6 Wochen nicht überschritten wird. Salben und Umschläge können bis 3-mal täglich aufgetragen werden. Während der Schwangerschaft und Stillzeit sowie bei Kleinkindern unter 3 Jahren auf den Einsatz verzichten! Bei Fertigarzneimitteln werden nach Möglichkeit PA-arme Züchtungen verwendet.

Wie kannst Du Beinwell am besten einsetzen?

Es gibt die Möglichkeit, eine alkoholische Tinktur oder einen Teeaufguss als Grundlage für Umschläge, Wickel oder Salben zu nehmen.

Teeaufguss mit Beinwell

5-10 g grob pulverisierte Beinwellwurzel mit 100 ml Wasser aufkochen. Für einen Umschlag diese nach 15 Minuten durch ein Sieb gegeben und warm aufgetragen [5].

In meiner praktischen Erfahrung haben sich auch homöopathische Komplexmittel bei der ergänzenden Behandlung von Sportverletzungen bewährt. Neben den Klassikern Beinwell und Arnika sind oft auch andere Wundheilpflanzen wie Johanniskraut (Hypericum perforatum), Gänseblümchen (Bellis perennis), Kamille (Matricaria chamomilla), Schafgarbe (Achillea millefolium), Ringelblume (Calendula officinalis) oder die Zaubernuss (Hamamelis virginiana) enthalten. Idealerweise kombiniere ich die orale Einnahme als Tropfen oder Globuli sowie die äußerliche Behandlung als Salbe.

Bitte wende Dich für eine individuelle Anwendungsempfehlung in an Deinen Heilpraktiker oder Apotheker!

Und zum Schluss …

Beinwell und Arnika werden zwar heute nur noch für die äußerliche Anwendung empfohlen. Sie bleiben jedoch im Bereich der Sportverletzungen, Muskel- und Gelenkbeschwerden wichtige Klassiker, die in keiner Hausapotheke fehlen sollten. Und sie sind nur zwei prominente Beispiele an Heilpflanzen, die Du im Alltag für Dich in diesem Bereich einsetzen kannst!

Literatur

[1] https://www.msdmanuals.com/de-de/heim/verletzungen-und-vergiftung/sportverletzungen/%C3%BCberblick-%C3%BCber-sportverletzungen Im Internet: am 07.08.2023

 [2] Kooperation Phytopharmaka. Arzneipflanzenlexikon. Arnika nach https://arzneipflanzenlexikon.info/arnika.php Stand: 08.08.2023

[3] Schilcher H. et al. Leitfaden Phytotherapie. München: Urban & Fischer; 2007: S. 43 ff.

[4] Bäumler S. Heilpflanzen Praxis heute: Portraits – Rezepturen – Anwendung. München: Urban & Fischer; 2007: S. 725

[5] Kooperation Phytopharmaka. Arzneipflanzenlexikon. Im Internet: Beinwell nach https://arzneipflanzenlexikon.info/beinwell.php  Stand: 08.08.2023

[6] Schilcher H. et al 2007. Leitfaden Phytotherapie. München: Urban & Fischer: S. 54 f.

[7] Staiger C. 2013. Comfrey root: from tradition to modern clinical trials. Wiener Medizinische Wochenschrift 163: S. 58–64

Wichtiger Hinweis!

Wie jede Wissenschaft ist die Heilpflanzenkunde ständigen Entwicklungen unterworfen. Soweit in diesem Beitrag medizinische Sachverhalte, Anwendungen und Rezepturen beschrieben werden, handelt es sich naturgemäß um allgemeine Darstellungen, die eine individuelle Beratung, Diagnose und Behandlung durch eine Ärztin, einen Arzt oder eine/einen Apothekerin nicht ersetzen können. Jede/Jeder Nutzende ist für die etwaige Anwendung und vorherige sorgfältige Prüfung von Dosierungen, Applikationen oder sonstigen Angaben selbst verantwortlich. Autoren und Autorinnen und Verlag haben große Sorgfalt darauf verwendet, dass diese Angaben bei ihrer Veröffentlichung dem aktuellen Wissensstand entsprechen. Eine Haftung für Schäden oder andere Nachteile ist jedoch ausgeschlossen.

Für die meisten Heilpflanzen fehlen Studien zu Unbedenklichkeit bei der Anwendung in der Schwangerschaft und während der Stillzeit, sowie bei Säuglingen, (Klein-)Kindern und Jugendlichen unter 18 Jahren. Alle beschriebenen Anwendungen sollten daher, sofern nicht ausdrücklich im Beitrag anders beschrieben, bei diesen Personen und in diesen Lebensphasen nicht ohne ärztliche Zustimmung angewendet werden.

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