Pflanzenheilkunde

Mauretanische Malve – ein Meer aus weichen Blüten

25. Juli 2023
Mauretanische Malve

In Blühstreifen- und Gründüngermischungen sowie Insektenbüffets findet sich sehr häufig eine südeuropäische Malvenart mit wunderschönen dunkelvioletten Blüten. Sie begeistert nicht nur Bienen, Hummeln und Schmetterlinge. Sie kann auch für uns Menschen sehr wertvoll sein. Denn es handelt sich um eine Heilpflanze, die zudem noch essbar ist.  

Rudi Beiser

Lesezeit: 5 Minuten

In den Sommermonaten, von Juni bis August, ist die Blütezeit der Mauretanischen Malve (Malva silvestris subspecies mauritania). Wenn Du einen Garten hast, solltest Du Dir das blühfreudige Gewächs unbedingt besorgen oder aussäen. Denn Mauretanische Malven erfreuen uns wochenlang mit unzähligen wunderschönen Blüten, die von zahlreichen Insekten besucht werden. Im Gegensatz zu der bei uns heimischen Wilden Malve (Malva silvestris) besitzt diese in Spanien vorkommende Unterart besonders große, dunkelviolette Blüten mit einem sehr hohen Gehalt an Anthocyan-Farbstoffen und Schleimstoffen.  

Diese Inhaltsstoffe machen die attraktive Gartenpflanze auch für uns Menschen sehr wertvoll, was ein altes spanisches Sprichwort sinngemäß überliefert: „Malve im Gemüsegarten, lässt den Doktor draußen warten.“ Kein Wunder also, dass die Mauretanische Malve im professionellen Heilpflanzenanbau genutzt wird. Wenn Du Dir in der Apotheke einen Tee aus Malvenblüten (Malvae silvestris flos) besorgst, bekommst Du in der Regel die Blüten der Mauretanischen Malve.

Die liebe Verwandtschaft

Auch die bei uns vorkommenden Malven (siehe unten) eignen sich als Blütenstauden im Garten und sind ebenfalls essbar und in der Heilkunde verwendbar. Ein typisches Merkmal der Gattung Malva sind die miteinander verwachsenen Staubfäden in den Blüten, die wie eine Röhre herausragen. Ein weiteres Erkennungsmerkmal sind die handförmigen Blätter, die meist fünfteilig gelappt oder eingeschnitten sind. Ebenfalls malventypisch sind die scheibenförmigen Früchte, die an Käselaibe erinnern. Daher kommen auch die Volksnamen wie Käsepappel oder Käslikrut.

Folgenden Malvenarten kannst Du im Sommer bei Spaziergängen begegnen:

  • Die heimische Wilde Malve (Malva silvestris): Sie besitzt rosa-violette Blüten mit dunkleren Längsstreifen. Sie kann bis zu 120 cm hoch werden. Die Blüten sind etwas kleiner als die der Mauretanischen Malve.
  • Die kleine Wegmalve (Malva neglecta): Sie ist im Gegensatz zur Wilden Malve sehr klein, nur 20-30 cm, und besitzt weißliche Blüten, die nur halb so groß sind wie die der Mauretanischen Malve.
  • Die heimische Moschusmalve (Malva moschata): Sie und die ebenfalls auf Wiesen wild vorkommende Rosenmalve (Malva alcea) haben im Gegensatz zur Wilden Malve tief eingeschnittene, gefiederte Blätter. Ihre Blüten sind hellrosa. Diese beiden Arten werden im Gegensatz zu den anderen beiden Arten sehr selten medizinisch eingesetzt.

Wertvolle Schleimstoffpflanze

In der Heilkunde werden die Blüten der Wilden Malve, der Wegmalve und vor allem jene der Mauretanischen Malve genutzt. Dabei stehen die einhüllenden und reizlindernden Wirkungen im Vordergrund, weshalb sie in der Rationalen Phytotherapie gemäß den  Monografien von Kommission E, HMPC und ESCOP bei trockenem Reizhusten und Schleimhautreizungen im Mund- und Rachenraum eingesetzt werden. Auch Reizungen der Magenschleimhaut könnten damit gelindert werden. Der Name Malve („die Weiche“) verrät uns, woher sie ihre Heilkraft hat. Wenn Du einmal die zarten Malvenblüten ein wenig zwischen den Fingern reibst, spürst Du den weichen Pflanzenschleim, der sie so heilsam macht. Die Schleimstoffe legen sich wie ein Schutzfilm auf die gereizten und entzündeten Schleimhäute. Die Blüten der Mauretanischen Malve enthalten über 10 % Schleimstoffe (Polysaccharide).

Hustenreizlindernder Tee

Zutaten

  • 30 g Lindenblüten
  • 30 g Spitzwegerichblätter
  • 20 g Malvenblüten

Zubereitung

2 TL der Mischung mit 200 ml heißem (nicht kochendem!) Wasser übergießen und den Aufguss bedeckt 10 Minuten ziehen lassen. Über den Tag verteilt 2-3 Tassen Tee in kleinen Schlucken trinken, damit die reizlindernden Schleimstoffe regelmäßig zugeführt werden. 

Merke: Damit die Schleimstoffe nicht zerstört werden, wird der Malventee mit heißem (80-90°C) und nicht mit kochendem Wasser aufgebrüht.

Achtung: Hält der Reizhusten länger als 3 Tage an oder verschlimmert er sich, geht er mit Auswurf einher, treten Fieber und/oder weitere Krankheitssymptome auf wie beispielsweise Krankheitsgefühl, Kopfschmerzen, Muskel- und Gliederschmerzen u.v.m., ist unbedingt ein Arzt aufzusuchen!

Außer den Schleimstoffen enthalten die Blüten auch reichlich blaue Farbstoffe (Anthocyane), die dem Malven-Tee seine wunderschöne Farbe geben. Wegen dieses Effekts werden Malvenblüten in Teemischungen oft als Schmuckdroge eingesetzt.  In Studien konnte auch eine entzündungshemmende Wirkung nachgewiesen werden, die vermutlich auf die Stoffgruppe der Flavonoide zurückgeführt werden kann.

Auch die Malvenblätter enthalten Schleimstoffe. In der Volksmedizin empfiehlt man die frisch zerquetschten Blätter auch als Auflage bei Hautentzündungen, Juckreiz, Ekzemen, Brandwunden und Insektenstichen. Vor allem Pfarrer Johann Künzle (1857 – 1945) lobte die Wirkung der Malve auf die erkrankte Haut: „Die frischen Blätter, etwas zerquetscht geben vorzügliche Auflagen bei Insektenstichen, Quetschungen, da sie Brand und Entzündung nehmen und Giftstoffe ausziehen.“ Der Mönch Odo Magdunensis schrieb im 11. Jahrhundert über den Saft der zerquetschten Blätter: „… mit Malvensaft heilst du die Bienenstiche/ und wenn du Öl damit verquickst und deinen Leib bestreichst, wird dir gar keine Biene Schaden bringen.“

Nebenwirkungen sowie sonstige Gegenanzeigen wie beispielsweise Allergien oder Wechselwirkungen mit Medikamenten sind nicht bekannt.

Ein Essbarer Bumenstrauß

Die jungen Malvenblätter gehören zu den mildesten und zartesten Wildgemüseblättern. Sie eignen sich deshalb hervorragend für Salate, Suppen und für spinatähnliches Gemüse. Am besten Du nimmst nur ganz junge, gesunde Blätter. Die attraktiven violetten Blüten sind eine wunderschöne essbare Dekoration für Salate und Desserts. Durch ihre wunderbare Farbe können sie auch gut zum Färben von Desserts, Kräutersalz, Likör oder Sirup eingesetzt werden. Die grünen, unreifen Früchte (Käsli) kannst Du einfach über Salate streuen oder direkt im Garten knabbern.

Früchte der Malve
Grünen, unreife Früchte der Malve, auch Käsli genannt. Quell: Rudi Beiser, Friesenheim

Alle Malven haben ein außerordentlich gutes Nährstoffprofil. Sie bestechen durch einen unglaublichen Eiweiß- und Provitamin-A-Gehalt (Eiweiß: 12-16 g je 100 g Trockengewicht). Aber auch bei den Mineralien und Spurenelementen reihen sie sich in die Top Ten der Wildgemüse ein. Sie enthalten vor allem sehr viel Kalium (538 mg/ 100g), Magnesium (353 mg/ 100 g), Kalzium (282 mg/ 100g) und Eisen (5,3 mg/ 100 g).

Liebeslust und Fruchtbarkeit

Die blühfreudige Malve war schon bei den Römern ein Symbol der Fruchtbarkeit, denn sie war der Göttin Venus zugeordnet. Die Malven galten in der Antike und im Mittelalter sogar als Aphrodisiakum, also als ein Mittel, das die Liebeslust anregt. Das ist auch der Grund, warum im Mittelalter die Kinder davor gewarnt wurden, zu viele der scheibenförmigen Früchte, die man auch „Käsli“ nannte, zu essen. Man erzählte ihnen, dass man davon Läuse bekäme oder sogar verrückt werde. So sollte verhindert werden, dass die Jüngsten schon frühzeitig auf „dumme Gedanken“ kommen. Die Erwachsenen hingegen nutzten die Pflanze durchaus häufiger, besonders lustfördernd war es angeblich, wenn man sich eine Wurzel der Malve an den Schenkel band. Dies wird überraschenderweise in einem berühmten Buch der Klosterheilkunde empfohlen (Macer floridus). 

Als Liebes- und Fruchtbarkeitspflanze nutzte man die Malve in früheren Zeiten auch für einen Fruchtbarkeitstest. Die Frau goss für den Test ihren Urin über eine Malve. Verdorrte sie innerhalb von drei Tagen, dann war die Frau unfruchtbar. Blieb sie grün, dann konnte sie viele Kinder bekommen. Mit solchen Urin-Tests wurde auch kontrolliert, ob eine Frau noch Jungfrau war. Das war im patriarchalen Mittelalter eine wichtige Voraussetzung für die Hochzeit und bei Nichtvorhandensein ein Grund, um diese abzusagen.

Und zum Schluss….

Die Mauretanische Malve ist eine wunderschöne Blütenpflanze und Insektenweide. Du kannst sie aber auch als Medizin und als Gemüse einsetzen. Malvenblätter und -blüten enthalten so viele Vitalstoffe, dass man sie durchaus als Superfood bezeichnen kann.

Literatur

[1] Mousavi SM,  Hashemi SA,  Behbudi G,  et al. A Review on Health Benefits of Malva sylvestris L. Nutritional Compounds for Metabolites, Antioxidants, and Anti-Inflammatory, Anticancer, and Antimicrobial Applications.  Evid Based Complement Alternat Med. 2021 Aug 14; 2021: 5548404. doi: 10.1155/2021/5548404

[2] Stern C, Ell-Beiser H.  Phytotherapie in Theorie und Praxis. München/Aargau:  AT Verlag; 2022

[3] Beiser R.  Wildkräuter. Stuttgart: TRIAS;  2017

[4] Beiser R. 13 magische Heilpflanzen. Stuttgart: Kosmos; 2015

Wichtiger Hinweis!

Wie jede Wissenschaft ist die Heilpflanzenkunde ständigen Entwicklungen unterworfen. Soweit in diesem Beitrag medizinische Sachverhalte, Anwendungen und Rezepturen beschrieben werden, handelt es sich naturgemäß um allgemeine Darstellungen, die eine individuelle Beratung, Diagnose und Behandlung durch eine Ärztin, einen Arzt oder eine/einen Apothekerin nicht ersetzen können. Jede/Jeder Nutzende ist für die etwaige Anwendung und vorherige sorgfältige Prüfung von Dosierungen, Applikationen oder sonstigen Angaben selbst verantwortlich. Autoren und Autorinnen und Verlag haben große Sorgfalt darauf verwendet, dass diese Angaben bei ihrer Veröffentlichung dem aktuellen Wissensstand entsprechen. Eine Haftung für Schäden oder andere Nachteile ist jedoch ausgeschlossen.

Für die meisten Heilpflanzen fehlen Studien zu Unbedenklichkeit bei der Anwendung in der Schwangerschaft und während der Stillzeit, sowie bei Säuglingen, (Klein-)Kindern und Jugendlichen unter 18 Jahren. Alle beschriebenen Anwendungen sollten daher, sofern nicht ausdrücklich im Beitrag anders beschrieben, bei diesen Personen und in diesen Lebensphasen nicht ohne ärztliche Zustimmung angewendet werden.

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