Schwarzer und Grüner Tee sind beliebt: Fast 30 Liter werden jährlich pro Kopf in Deutschland getrunken. [1] Beide sind koffeinhaltig. Koffein verträgt nicht jeder, und ein Genuss zu später Stunde kann den Nachtschlaf stören. Eine interessante Alternative sind fermentierte Erdbeerblätter. Wie fermentiert man sie?
Lesezeit: 6 Minuten
Dadurch unterscheiden sich Grüner und Schwarzer Tee
Wahrscheinlich weißt Du, dass sowohl Grüner als auch Schwarzer Tee von der gleichen Pflanze stammen, vom Teestrauch (Camellia sinensis). Warum daraus einmal Grüner und einmal Schwarzer Tee wird, liegt in der Behandlung der Teeblätter nach der Ernte.
Um Grünen Tee zu erhalten, werden die frisch geernteten Blätter für einige Minuten erhitzt und erst anschließend getrocknet. Die Hitze deaktiviert die pflanzeneigenen Enzyme, die aus hitzeempfindlichen Aminosäuren bestehen. Dadurch wird eine Fermentation verhindert.
Um Schwarzen Tee zu erhalten, werden die frischen geernteten Teeblätter zunächst bei sanften Temperaturen angewelkt und anschließend gerollt. Die pflanzeneigenen Enzyme sollen beim Schwarzen Tee im Gegensatz zum Grünen Tee nicht deaktiviert werden. Im Gegenteil: Schon während des ersten kurzen Welkens in warmer Luft werden die pflanzeneigenen Enzyme aktiv und beginnen organische Säuren und Aminosäuren zu bilden. Das Welken und anschließende Rollen der Teeblätter zerstört diese Zellstrukturen und befreit damit die Wirkstoffe. Diese kommen dann mit den Pflanzenenzymen in Kontakt. In einer intakten Pflanze sind viele wirksame Inhaltsstoffe in zelleigenen Strukturen gelagert. Die Pflanzenenzyme sind für die eigentliche Fermentation verantwortlich. [2] Nach der Fermentation, wenn die Teeblätter schwarz geworden sind, erfolgt noch eine Trocknung bei ca. 80° C.
Das passiert bei der Fermentation
Die Fermentation ist ein biologischer Umwandlungsprozess durch Enzyme (Fermente). Wichtig für die Fermentation von Tee ist eine hohe Luftfeuchtigkeit und Wärme. Entscheidend für den Geschmack und Wirkung des Schwarzen Tees ist die enzymatische Umwandlung von Polyphenolen während der Fermentation. Insbesondere die Catechin-Fraktion der Polyphenole unterliegt vielen Veränderungen. Das Enzym Polyphenoloxidase greift Catechine wie Epigallocatechin oder Epicatechin an und bildet daraus braune Chinone. Dieser Prozess spielt bei einer lebenden Pflanze eine wichtige Rolle: Wird eine Pflanze verletzt, wehren die durch die Polyphenoloxidase gebildeten Chinone Krankheitserreger ab. Ein Teil der Chinone bildet anschließend Verbindungen von dunkelroter Farbe. Diese sind für die typische Färbung des Schwarzen Tees verantwortlich. Aus weiteren Polyphenolen bilden Enzyme sogenannte Thearubigene. Das sind Verbindungen mit Gerbstoffcharakter, die beim typischen Geruch von Schwarzen Tee eine Rolle spielen sollen.
Chlorophyll ist für die grüne Farbe der Blätter verantwortlich. Ein Teil des Chlorophylls wandelt sich während der Fermentation in das für die Teefarbe mitverantwortliche braunschwarze Phaeophytin um. Hierbei sind keine Enzyme beteiligt.
Warum Erdbeerblätter fermentieren?
Ähnlich wie die Blätter des Teestrauchs sind auch jene der Wald-Erdbeere (Fragaria vesca) reich an Polyphenolen aus der Gruppe der Flavonoide, beispielsweise Catechine (z.B. Epigallocatechine) und oligomere Proanthocyanidine. [4] Und auch geschmacklich erinnert fermentierter Tee aus Erdbeerblättern an Schwarzen Tee. Eine gute Alternative, denn Koffein findet sich in den Erdbeerblättern keines, weshalb ein aus ihnen hergestellter Schwarztee auch in den Abendstunden getrunken werden kann.
Wie der Schwarze Tee wird auch der Tee aus Erdbeerblättern in der Heilkunde verwendet. In der Volksheilkunde finden Blätter der Wald-Erdbeere aufgrund ihres hohen Gerbstoffgehalts – vergleichbar mit den Blättern des Schwarzen Tees – bei Durchfällen und Entzündungen des Zahnfleisches oder des Rachenraums sowie aufgrund ihrer leichten diuretischen Wirkung bei Erkrankung der Blase Anwendung.
Das HMPC hat Erdbeerblätter als traditionelles pflanzliches Arzneimittel eingestuft. Sie können demnach basierend auf langjähriger Erfahrung zur Erhöhung der Harnmenge unterstützend bei leichten Harnwegsbeschwerden und zur symptomatischen Behandlung leichter Durchfälle eingesetzt werden.
Die Bioverfügbarkeit auch der Catechine in den Erdbeerblättern ist wie die in den Blättern des Teestrauchs gering. In den Blutkreislauf gelangen meist nicht die reinen Catechine, sondern die aus unserer Darmflora aus Catechinen enzymatisch hergestellten Moleküle. Deren genaue pharmakologische Bedeutung ist noch Gegenstand von Untersuchungen. Es kann aber schon jetzt gesagt werden, dass bei der Wirkung von Catechinen enzymatische Prozesse eine wichtige Rolle spielen. Wenn man diesen Aspekt berücksichtigt, könnte es Sinn ergeben, den enzymatischen Umbau von Catechinen durch die Darmflora zu unterstützen, indem man bereits einen Teil der Catechine nach der Ernte durch pflanzeneigene Enzyme fermentiert.
Daneben gibt es erste Hinweise aus der Grundlagenforschung, dass fermentierte Inhaltsstoffe der Teepflanze (Camellia sinensis) stärker antioxidativ wirken als unfermentierte. [3] Bezüglich der Blätter der Erdbeere gibt es hierzu noch keine Forschung. Es ist aber zumindest denkbar, dass es bei diesen durch die Fermentation zu einer ähnlichen Wirkungsverstärkung kommt.
Zudem dürfte das Fermentieren die Erdbeerblätter bekömmlicher machen, was Dir zugutekommt, wenn Du regelmäßig einen Tee aus den Blättern trinkst. Das Fermentieren reduziert nämlich den Gehalt an Gerbstoffen, was besonders Menschen mit empfindlichem Magen zugutekommt. Zudem bilden sich bei der Fermentation Aromastoffe. Sie geben dem Tee aus Erdbeerblättern eine angenehme erdige Note.
So fermentierst Du Erdbeerblätter
Du benötigst zunächst frische Blätter der Wald-Erdbeere (Fragaria vesca). Für die Verwendung als Heilpflanze werden die Blätter typischerweise während der Blütezeit geerntet. Für die Fermentierung kann die Ernte zwischen April und September erfolgen.
Für dieses Verfahren eignen sich übrigens auch andere Blätter von Pflanzen aus der Familie der Rosengewächse, so zum Beispiel von der Brombeere (Rubus fruticosus), der Himbeere (Rubus idaeus) und der Gartenerdbeere (Fragaria × ananassa). Dafür ersetzt Du im folgenden Rezept die Blätter der Wald-Erdbeere zu gleichen Teilen durch die Blätter einer der anderen Pflanzen.
Vorbereitung
- Schneide die Blätter in feine Streifen und lasse diese über Nacht anwelken.
- Am nächsten Morgen die Blätter gründlich mit der Hand durchkneten oder mit einem Nudelholz walken. Dies sorgt zusammen mit dem kurzen Anwelken dafür, dass die Zellstrukturen verletzt werden, auch die sogenannten Vakuolen, in denen Gerbstoffe und diverse Flavonoide gelagert sind. Brechen diese auf, kommen die Wirkstoffe mit den Enzymen der Pflanze in Kontakt.
- Die geschnittenen Blätter mit etwas Wasser leicht befeuchten, z. B. mit einer Sprühkanne. Die Blätter sollen nur leicht benetzt sein. Wenn Du keine Sprühkanne hast, knete Deine Blätter mit ca. 1 TL Wasser pro Handvoll Blätter noch einmal durch.
- Lege die Blätter nun auf eine Baumwolltuch und rolle es straff.
- Das zusammengerollte Baumwolltuch nun für 3 Tage möglichst luftdicht lagern. Hierfür eignen sich Tupperdosen mit Deckel, in die das Baumwolltuch gelegt wird. Nun beginnt die eigentliche Fermentation.
- Nach 3 Tagen die Blätter auswickeln. Diese dürften nun ihre Farbe verändert haben und sollten rotbraun bis schwarz sein. Lege sie zum endgültigen Trocknen gut ausgebreitet an einen warmen und schattigen Ort – am besten auf ein neues und trockenes Baumwolltuch. Nach spätestens weiteren 3 Tagen sollten alle Blätter trocken sein. Jetzt kannst Du sie zur Aufbewahrung in ein Glas oder in eine Dose geben.
Solltest Du nach dem Fermentieren oder Trocknen Schimmel entdecken (ersichtlich als feiner weißer Belag auf den Blättern), musst Du die Blätter leider entsorgen. Mehr über das richtige Trocknen von Heilpflanzen erfährst Du in meinem Beitrag „Heilpflanzen trocknen – Do it yourself!“
Tee aus fermentierten Erdbeerblättern
Deinen Tee aus fermentierten Erdbeerblätter bereitest Du Dir Folgendermaßen zu:
Zutaten
fermentierte Erdbeerblätter
Zubereitung
Bis zu 3-mal täglich 1 TL fermentierte Erdbeerblätter mit 250 ml siedendem Wasser übergießen und 10 Minuten ziehen lassen. Für einen intensiveren Geschmack die Ziehzeit gerne auf 15 Minuten erhöhen.
Hinweis: Solltest Du den Tee nicht aus reinem Genuss trinken, sondern ihn unter arzneilichen Gesichtspunkten verwenden, spricht vorab mit Deinem Arzt oder Deiner Heilpraktikerin darüber!
Bitte beachte: Gerbstoffe können die Aufnahme von Medikamenten beeinträchtigen. Aus diesem Grund sollte der Genuss des Erdbeerblätter-Tees mindestens eine Stunde vor oder nach der Medikamenteneinnahme erfolgen. Hole Dir hierzu am besten Rat eines Heilpraktikers, einer Apothekerin oder einer Ärztin.
Und zum Schluss
Für die Aktivierung vieler Pflanzenwirkstoffe sind Enzyme notwendig. Zum Beispiel unsere eigenen oder die Enzyme unserer Darmflora. Auch pflanzliche Enzyme können Wirkstoffe so verändern, dass unser Körper sie besser aufnehmen kann und sie so auch besser wirken. Diesen Umstand können wir uns bei der Fermentation von Kräutern zunutze machen. Die Fermentation wirkt sich auch auf den Geschmack aus und gibt zum Beispiel Erdbeerblättern ein angenehm erdiges Aroma.
Literatur
[1] Deutscher Tee- und Kräuterteeverband: TEE REPORT 2020 (2020). Im Internet: https://www.teeverband.de/files/bilder/Presse/Marktzahlen/TeeReport_2020_ES.pdf; Stand: 22.02.2023
[2] Blaschek W, Ebel S, Hackenthal E, Holzgrabe U, Keller K, Reichling J, Schulz V. Camellia. Hagers Enzyklopädie der Arzneistoffe und Drogen. Stuttgart: WVG/Springer; 2014
Wichtiger Hinweis!
Wie jede Wissenschaft ist die Heilpflanzenkunde ständigen Entwicklungen unterworfen. Soweit in diesem Beitrag medizinische Sachverhalte, Anwendungen und Rezepturen beschrieben werden, handelt es sich naturgemäß um allgemeine Darstellungen, die eine individuelle Beratung, Diagnose und Behandlung durch eine Ärztin, einen Arzt oder eine/einen Apothekerin nicht ersetzen können. Jede/Jeder Nutzende ist für die etwaige Anwendung und vorherige sorgfältige Prüfung von Dosierungen, Applikationen oder sonstigen Angaben selbst verantwortlich. Autoren und Autorinnen und Verlag haben große Sorgfalt darauf verwendet, dass diese Angaben bei ihrer Veröffentlichung dem aktuellen Wissensstand entsprechen. Eine Haftung für Schäden oder andere Nachteile ist jedoch ausgeschlossen.
Für die meisten Heilpflanzen fehlen Studien zu Unbedenklichkeit bei der Anwendung in der Schwangerschaft und während der Stillzeit, sowie bei Säuglingen, (Klein-)Kindern und Jugendlichen unter 18 Jahren. Alle beschriebenen Anwendungen sollten daher, sofern nicht ausdrücklich im Beitrag anders beschrieben, bei diesen Personen und in diesen Lebensphasen nicht ohne ärztliche Zustimmung angewendet werden.