Pflanzenküche

Brennnessel im Winter

9. Dezember 2022
Brennnessel im Winter

Es gibt kaum jemanden, der die Brennnessel nicht erkennt. Mit ihren Brennhaaren haben die meisten von uns schon unangenehme Erfahrungen gemacht. Wie vielseitig sich die Brennnessel selbst in der kalten Jahreszeit nutzen lässt, ist kaum bekannt. Ihre Blätter und Fasern sind ein wahrer Schatz.

Mechtilde Frintrup

Lesezeit: 3 Minuten

Allrounder Brennnessel

Wer sich die Brennnessel genauer anschaut, kommt aus dem Staunen nicht mehr heraus. Sie bietet uns Nahrung, ist Heilmittel, hilft in der Garten- und Landwirtschaft und wird als Färbe- und Faserpflanze genutzt. Auch im Winter können wir die Brennnessel verwenden: Die Blätter gibt es in unseren Breiten fast das ganze Jahr über, und die Wurzeln sind im Winter am heilkräftigsten. Die Fasern der Brennnessel lassen sich in der kalten Jahreszeit besonders einfach gewinnen, da sie durch die natürliche Röstung der Stängel durch Nässe und Kälte aufgeschlossen werden. Die wertvollen Brennnesselfrüchte sind dagegen im Winter meist schon abgefallen – man sollte sich daher schon im Sommer und Herbst einen guten Vorrat davon anlegen.

Blätter und Triebe der Brennnessel

Unter den verrottenden Stängeln von Brennnesseln findet man im Winter oft junge, nachwachsende Triebe. Insbesondere an sonnigen Hängen wachsen sie, wenn es nicht friert und sobald die Sonne etwas scheint. Brennnessel schmeckt am besten frisch, deshalb esse ich immer direkt ein paar Blätter. Diese kleinen Vitamin- und Mineralstoffbomben sind im Winter besonders wertvoll für uns. Die Brennnessel verfügt über etwa 6-mal so viel Vitamin C wie Zitronen und stärkt so unser Immunsystem. Das im Winter seltene, frische Grün (Chlorophyll), vitalisiert den Körper, fördert zusammen mit Eisen die Blutbildung und regt den Stoffwechsel an. Als Salat, im Brotteig oder als Gemüse – die Möglichkeiten, Brennnesseln zuzubereiten sind äußerst vielseitig. Ein schöner Brauch ist es, zum Jahreswechsel einen Neujahrskuchen mit Brennnessel zu backen, das soll dann das ganze Jahr vor Not bewahren.

Neujahrs-Brennnesselkuchen

Brennnesselblätter eignen sich sehr gut zum Backen von Broten und als Belag oder Füllung von herzhaftem Kuchen. Zu Neujahr kommt Brennnesselkuchen auf den Tisch, damit es ein gutes Jahr wird – das habe ich bei meinen Recherchen aus verschiedenen Quellen erfahren und mache es selbst nun so.

Zutaten

Für den Hefeteig:

  • 250 g Dinkelmehl
  • ½ Würfel Hefe
  • 50 ml lauwarme (Hafer-)Milch oder Wasser
  • 1 EL Melasse (Rübensirup) oder Zucker
  • 1 TL Salz
  • 50 g zerlassene Butter oder 50 ml Sonnenblumen- oder Olivenöl

Für das Pesto

  • 2 EL Sonnenblumenkerne
  • 2–3 Handvoll frische Brennnesseln
  • ca. 100 ml Olivenöl
  • 1 TL Salz
  • Pfeffer aus der Mühle
  • 1 Zwiebel

Zubereitung

Für den Hefeteig das Mehl in eine Schüssel geben. In einer Mulde die Hefe mit der Flüssigkeit und dem Zucker verrühren. Abgedeckt an einem warmen Ort ca. 30 Minuten gehen lassen, bis die Hefemischung Blasen wirft. Nun die lauwarme zerlassene Butter beziehungsweise das Öl und das Salz zugeben. Zu einem geschmeidigen Teig kneten und diesen etwa 1 Stunde an einem warmen Ort gehen lassen. Für das Pesto die Sonnenblumenkerne in einer Pfanne anrösten und hacken. Die Brennnesselblätter klein schneiden und mit Öl kurz in der Pfanne anbraten. Mit Salz und Pfeffer würzen. Die Zwiebel klein schneiden und in Öl andünsten. Alle Zutaten mischen und mit dem restlichen Öl auffüllen. Nun den Teig zu einem etwa 25 × 35 cm großen Oval ausrollen und das Pesto darauf verteilen. Dann von der Schmalseite her locker aufrollen und mit der Naht nach unten auf ein geöltes Backblech legen. Nochmals etwa 20 Minuten aufgehen lassen und dann im Backofen bei 190 °C ca. 20–30 Minuten backen.

Brennnesselkuchen
Neujahrs-Brennnesselkuchen. Quelle: Mechtilde Frintrup, Burgstetten

Brennnesselfasern

Für mich ist die Brennnessel im Winter besonders wegen der Faser interessant. Bei uns in Deutschland findet man angerottete Brennnesseln („geröstet“ heißt es in der Textilfachsprache) in guter Qualität in der freien Natur. Man muss ein bisschen Erfahrung haben, um diese zu erkennen. Am besten probiert man immer wieder beim Spazierengehen aus, wo die Fasern noch intakt sind und sich gut abziehen lassen. Durch das Suchen nach den Fasern und die meditative Arbeit der Faseraufbereitung am Holzofen, kann ich den Winter heute noch mehr wertschätzen. Brennnesselfaser ist sehr fein und trotzdem äußerst zugfest, zudem ist sie innen hohl. Angefeuchtet kühlen Textilien aus Brennnesselfaser und im trockenen Zustand speichern sie Wärme. Sie wirkt also temperaturausgleichend, was insbesondere für Mützen oder Fußbekleidung wohltuend ist. Stoffe aus Brennnesselfaser wurden früher auch als Wundverband verwendet, da die Faser antiseptisch und wundheilend wirkt. Rudolf Steiner empfahl Kleidung aus Brennnesseln für Kinder, da sie schädliche kosmische Strahlung abschirmen solle. Im Märchen der 6 Schwäne bringen Brennnesselhemden die Seelen der Brüder wieder ins „Hier und Jetzt“ und erlauben so die notwendige Erdung des Menschen.

Wichtiger Hinweis!

Wie jede Wissenschaft ist die Heilpflanzenkunde ständigen Entwicklungen unterworfen. Soweit in diesem Beitrag medizinische Sachverhalte, Anwendungen und Rezepturen beschrieben werden, handelt es sich naturgemäß um allgemeine Darstellungen, die eine individuelle Beratung, Diagnose und Behandlung durch eine Ärztin, einen Arzt oder eine/einen Apothekerin nicht ersetzen können. Jede/Jeder Nutzende ist für die etwaige Anwendung und vorherige sorgfältige Prüfung von Dosierungen, Applikationen oder sonstigen Angaben selbst verantwortlich. Autoren und Autorinnen und Verlag haben große Sorgfalt darauf verwendet, dass diese Angaben bei ihrer Veröffentlichung dem aktuellen Wissensstand entsprechen. Eine Haftung für Schäden oder andere Nachteile ist jedoch ausgeschlossen.

Für die meisten Heilpflanzen fehlen Studien zu Unbedenklichkeit bei der Anwendung in der Schwangerschaft und während der Stillzeit, sowie bei Säuglingen, (Klein-)Kindern und Jugendlichen unter 18 Jahren. Alle beschriebenen Anwendungen sollten daher, sofern nicht ausdrücklich im Beitrag anders beschrieben, bei diesen Personen und in diesen Lebensphasen nicht ohne ärztliche Zustimmung angewendet werden.

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