Bei Edel- oder Esskastanien (Castanea Sativa) denkt man wohl am ehesten an die Tüte voll leckerer, heißer Köstlichkeiten auf dem Herbst- oder Weihnachtsmarkt. Doch kann die Esskastanie noch viel mehr, sie hat viele wertvolle Inhaltsstoffe und wartet auch sonst mit erstaunlichen Eigenschaften auf.
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Esskastanien und Maroni
Der Kastanienbaum gehört der Familie der Buchen (Fagaceae) an und ist nicht mit der Rosskastanie (Aesculus hippocastanum) verwandt. Maroni oder Marroni, wie man in der Schweiz sagt, ist keine andere Bezeichnung für die Edelkastanie. Es handelt sich hierbei um die Zuchtform, die größere und süßere Nussfrüchte – die Maroni – bildet. Diese reifen ab Ende September und fallen dann vom Baum. Auf mindestens 2000 Jahre wird das Alter des größten bekannten Kastanienbaums geschätzt. Von den Einheimischen auf Sizilien wird er „Castagno die Cento Cavalli“ genannt, Kastanienbaum der Hundert Pferde. Im Jahr 2018 war die Edelkastanie Heilpflanze des Jahres.
Esskastanien: Nahrung für die Armen
Lange bevor die Kartoffel in Europa Einzug in die Küchen hielt, gehörte die Esskastanie vielfach zu den Hauptnahrungsmitteln der einfachen Bevölkerung. Die Nussfrüchte wurden gekocht und wie später die Kartoffel verwendet, vielfach aber auch getrocknet und zu Mehl verarbeitet, mit dem vor allem Brot, aber auch Kuchen oder Pfannkuchen gebacken wurden.
Inhaltstoffe der Esskastanien
Durch ihren hohen Gehalt an Eiweiß, Ballaststoffen und vor allem komplexen Kohlenhydraten, die den Blutzuckerspiegel nur langsam ansteigen lassen und lange satt machen, sind Kastanien ein wertvolles Nahrungsmittel. Darüber hinaus sind sie ein guter Lieferant für Kalium. Esskastanien enthalten viel Vitamin C sowie einen bemerkenswerten Anteil an B-Vitaminen. Und dabei sind sie basisch und glutenfrei. Somit sind sie bei der Neigung zu Übersäuerung oder auch für Menschen mit Zöliakie geeignet. Wegen des fehlenden Glutens muss beim Backen das Kastanienmehl allerdings mit einem anderen Mehl oder Kleberlieferanten gemischt werden, damit der Kuchen oder das Brot nicht zerbröselt.
Rezepte mit Esskastanien und Maroni
Gleich vorweg: Für alle folgenden Rezepte sind sowohl die Nussfrüchte der Ess- bzw. Edelkastanien als auch Maroni geeignet. Ich werde sie in den Rezepten jeweils Maroni nennen. Nimm einfach das, was Dir zur Verfügung steht. Es sind auch gekaufte, eingeschweißte oder tiefgekühlte Maroni für die Rezepte geeignet.
Aufgepasst! Maroni sind frisch bei kühler und trockener Lagerung etwa 2 Wochen haltbar.
Grundzubereitungen für Maroni
Bevor Du Maroni weiterverarbeiten kannst, müssen diese geschält und vorgegart werden. Dafür gibt es mehrere Möglichkeiten. Mengenangaben findest Du in den Rezepten. Im Folgenden geht es erst einmal um die grundlegende Vorbereitung.
Maroni einritzen
Kontrolliere zunächst, ob sich kleine Löcher in der Schale befinden, das ist ein Zeichen von Wurmbefall. Kastanien mit Löchern musst Du entsorgen. Schneide dann die Spitzen der Nussfrüchte mit einem Messer oder einer Schere ab. Ritze anschießend die braune Schale auf der dickeren Seite mit einem scharfen Messer kreuzweise ein. Du hast die Frucht innen erwischt? Macht nichts, Hauptsache die braune Schale ist wirklich durchtrennt, ansonsten platzen die Maroni im Backofen.
Im Backofen
Stelle eine feuerfeste Schale mit Wasser in den Backofen, dann trocknen die Maroni nicht aus. Lege sie mit der eingeritzten Seite nach oben auf ein Backblech mit Backpapier und gare sie bei 175°C Umluft/ Ober-Unterhitze für ca. 20–30 Minuten.
In der Pfanne
In der Pfanne werden sie ohne Fett unter häufigem Rühren gebraten. Wenn sie braun werden und die Schale an der Schnittstelle gut aufgegangen ist, kannst Du sie herausnehmen und schälen. Nach etwa 20–30 Minuten – je nach Größe – sind sie ganz durchgegart und jetzt bereits essbar als eine leckere Kleinigkeit für den kleinen Hunger.
Im Kochtopf
Im Topf in Wasser gegarte Maroni sind vor allem für Suppe oder Cremespeisen geeignet, sie werden recht weich und feucht und lassen sich gut pürieren. Wieder musst Du sie zuvor auf Wurmbefall kontrollieren, die Spitze abschneiden und die Haut bis ins weiße Fruchtfleisch einritzen. Dann ca. 20 Minuten in Wasser köcheln lassen. Sobald die Schale aufgeplatzt ist, kannst Du die Maroni abschütten und schälen.
Maroni-Grünkern-Suppe
Was gibt es Besseres als eine warme Suppe an kalten Tagen? Dieses Rezept entstand, als ich mit meinen Töchtern unterwegs war. Zu Hause angekommen war der Appetit auf eine heiße Suppe da, aber nicht mehr viel im Haus, also haben wir mit Maroni experimentiert. Heraus kam diese schmackhafte, sättigende und wärmende Suppe. Bei der Auswahl des Gemüses kannst Du nach Deinen eigenen Vorlieben variieren:
Zutaten
- 500 g Maroni
- 150 g Grünkern
- 1 mittelgroße Zwiebel
- 1 Knoblauchzehe
- 200 g Wurzelgemüse, z. B. Möhre, Pastinake oder Sellerie
- 1 EL Öl oder Butterschmalz
- 2 l Wasser oder besser noch Gemüsebrühe
- 1 gehäufter EL gehackte Petersilie oder gemischte Kräuter aus dem Tiefkühler
- Salz, Pfeffer und Muskat nach Geschmack
- Je Portion 1 EL Schmand
Zubereitung
Maroni im Kochtopf garen und grob zerkleinern. Grünkern schroten, Zwiebel klein hacken, Knoblauchzehe zerdrücken oder fein schneiden. Das Wurzelgemüse putzen und fein würfeln.
Den Grünkernschrot im trockenen, heißen Topf 1–2 Minuten rösten, bis er duftet. Öl oder Butterschmalz und die Zwiebel zugeben und weiterrösten, bis die Zwiebel glasig ist.
Maroni und Wurzelgemüse zugeben und kurz mit anrösten.
Mit 2/3 des Wassers oder der Gemüsebrühe aufgießen und 10 Minuten köcheln lassen oder so lange, bis die Maroni anfangen, zu zerfallen.
Pürieren und so viel des restlichen Wassers oder der Gemüsebrühe zugeben, bis die gewünschte Konsistenz erreicht ist. Mit den Kräutern und Gewürzen abschmecken.
Beim Anrichten in jeden Teller Suppe einen Klecks Schmand oder geschlagene Sahne in die Mitte geben und mit Kräutern dekorieren.
Maronenbratlinge
Dieses delikate, vegetarische Hauptgericht schmeckt lecker mit einer Gemüsebeilage oder Pilzen in Rahmsauce oder einfach mit einem frischen Salat. Du kannst auch ein Chutney dazu reichen, beispielsweise das Holunderchutney aus dem Rezept vom Blogbeitrag Holunderbeeren süß und herzhaft zubereiten.
Zutaten
- 300 g Maroni
- 150 g (rote) Linsen, trocken gewogen.
- 2 EL grob gehackte Nüsse wie Wal- oder Haselnüsse. Hinweis! Menschen mit Nussallergie lassen diese weg!
- 1 kleine Stange Lauch oder 1 Zwiebel
- 1–2 Karotten, geputzt und geraspelt
- optional 1 Knoblauchzehe
- 2–3 Eier
- 1 EL Sojasauce
- 1 knapper TL Salz oder 1 TL Gemüsebrühe
- Salz, Pfeffer, Muskatnuss gerieben nach Geschmack
- Öl oder Butterschmalz zum Ausbacken
Zubereitung
Maroni im Kochtopf, im Backofen oder in der Pfanne garen und in recht feine Würfel schneiden oder zerdrücken. Lasse die Linsen in 300 ml Wasser ohne Salz ca. 15–20 Minuten weichkochen. Das Wasser sollte ganz von den Linsen aufgesogen sein. Bei Bedarf etwas mehr Flüssigkeit zugeben oder überschüssiges Kochwasser abseihen. Den Lauch oder die Zwiebel fein würfeln. Die Karotten putzen und raspeln. Optional die Knoblauchzehe schälen und zerdrücken.
Maroni, Linsen und ggf. Nüsse in eine große Schüssel geben.
Die Zwiebel oder den Lauch in 1 EL heißem Bratfett hell rösten, das Gemüse zugeben und 2 –3 Minuten mit dünsten. Dann das Gemüse ebenfalls in die Schüssel geben und mit Salz und Gewürzen und Sojasauce kräftig abschmecken. Jetzt 2 Eier zugeben und gründlich verrühren. Wenn der Teig zu trocken scheint oder noch keine homogene Masse entstanden ist, das 3. Ei unterrühren.
2 EL Öl in der Pfanne erhitzen (Bei einem Herd mit 9 Stufen auf Stufe 6–7, also etwa 2/3 der Leistung). Forme aus je einem gehäuften EL Teig Bratlinge und verteile die Bratlinge in der Pfanne. Deckel auflegen und nach etwa 2 Minuten, wenn die Unterseite schön knusprig gebraten ist, die Bratlinge umdrehen und ohne Deckel fertig braten. Nach und nach den ganzen Teig auf diese Weise verarbeiten. Die Bratzeit ist abhängig von der Art der Pfanne und der Konsistenz des Teiges.
Maroni zum Dessert
Ein Klassiker nicht nur der Schweizer Küche ist eine süße Maroni Creme zum Dessert. Hier ein Basisrezept, das sich auf verschiedene Weise verfeinern und variieren lässt.
Zutaten
- 1 kg ungeschälte oder 600 g geschälte Maroni
- 500 ml Milch/Pflanzenmilch oder Wasser
- 80g Zucker, Spritzer Zitronensaft, Mark einer Vanilleschote
oder 50 g Zucker und 2 Päckchen Vanillezucker - optional 2 EL Kirschwasser, Amaretto oder Kaffeelikör
Zubereitung
Maroni einritzen und in kochendem Wasser gut 5 Minuten blanchieren und dann schälen, dabei auch die braune Innenhaut entfernen. Das ist recht aufwändig und geht besser, wenn die Maroni beim Schälen noch richtig heiß sind. Darum blanchierst Du die Maroni besser nach und nach in kleineren Portionen. Oder Du nimmst fertig geschälte, gekaufte Maroni. Maroni in 500 ml Wasser oder Milch/ Pflanzenmilch garkochen, bis sie ganz weich sind.
Inzwischen 200 ml Wasser und 80 g Zucker, einem Spritzer Zitronensaft und dem Mark einer Vanilleschote (oder 50 g Zucker und 2 Päckchen Vanillezucker) aufkochen und etwa 20 Minuten köcheln lassen, damit ein Sirup entsteht.
Die Maroni in der Kochflüssigkeit pürieren, den noch heißen Sirup dazugeben und so lange weiterrühren, bis eine weiche, cremige Masse entsteht.
Optional kannst Du 2 EL Kirschwasser, Amaretto oder Kaffeelikör zugeben.
Für Vermicelli presst Du die Creme durch eine spezielle Presse oder den Spätzledrücker und richtest sie zusammen mit 200 ml geschlagener Sahne portionsweise auf Baiserschalen an. Dazu gibt es eine Kugel Vanille-Eis. Einfacher aber genauso lecker ist es, wenn Du die geschlagene Sahne einfach unter die Creme hebst und sie in Dessertschalen verteilst.
Wie wäre es mit einem Schichtdessert? Dafür tränkst Du Löffelbiskuits in Kaffee und schichtest diese abwechselnd mit der Creme und Birnenkompott in Gläser. Für Kinder nimmst Du an Stelle des Kaffees (Schokoladen-)Milch zum Tränken der Biskuits.
Mit den Vermicelli kannst du auch einen Nussbiskuit füllen und bestreichen und hast eine herrliche Torte.
Die Grundmasse lässt sich – ohne weitere Zutaten– gut verschlossen für bis zu 12 Monaten tiefkühlen.
Literatur
Wichtiger Hinweis!
Wie jede Wissenschaft ist die Heilpflanzenkunde ständigen Entwicklungen unterworfen. Soweit in diesem Beitrag medizinische Sachverhalte, Anwendungen und Rezepturen beschrieben werden, handelt es sich naturgemäß um allgemeine Darstellungen, die eine individuelle Beratung, Diagnose und Behandlung durch eine Ärztin, einen Arzt oder eine/einen Apothekerin nicht ersetzen können. Jede/Jeder Nutzende ist für die etwaige Anwendung und vorherige sorgfältige Prüfung von Dosierungen, Applikationen oder sonstigen Angaben selbst verantwortlich. Autoren und Autorinnen und Verlag haben große Sorgfalt darauf verwendet, dass diese Angaben bei ihrer Veröffentlichung dem aktuellen Wissensstand entsprechen. Eine Haftung für Schäden oder andere Nachteile ist jedoch ausgeschlossen.
Für die meisten Heilpflanzen fehlen Studien zu Unbedenklichkeit bei der Anwendung in der Schwangerschaft und während der Stillzeit, sowie bei Säuglingen, (Klein-)Kindern und Jugendlichen unter 18 Jahren. Alle beschriebenen Anwendungen sollten daher, sofern nicht ausdrücklich im Beitrag anders beschrieben, bei diesen Personen und in diesen Lebensphasen nicht ohne ärztliche Zustimmung angewendet werden.
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