Pflanzenheilkunde

Cannabidiol (CBD) und Lavendelöl bei Ängsten kombinieren?

21. März 2023
Lavendel Öl

Hanf ist wieder da: Die Heilkraft der Cannabis-Pflanze und ihrer Cannabinoide wie Cannabidiol (CBD) interessiert momentan Anwender*innen und auch Forschung. Bei Ängsten und Angsterkrankungen könnte zum Beispiel CBD eine interessante Option sein. Seine angstlösende Wirkung könnte Studien zufolge ätherisches Lavendelöl über den Entourage-Effekt verstärken.

Sebastian Vigl

Lesezeit: 4 Minuten

Auf der Suche nach neuen Behandlungsoptionen bei Ängsten

Seelische Erkrankungen sind ein großes gesellschaftliches Problem. Zum einen, da uns der Umgang mit ihnen immer noch schwerfällt: Betroffene werden stigmatisiert und treffen auf Schwierigkeiten, sich zu integrieren. Zum anderen reichen bestehende Therapiemöglichkeiten nicht immer aus: Die medikamentöse Behandlung hilft nicht bei allen, Therapieplätze in den psychotherapeutischen Praxen sind Mangelware. So ist es nicht verwunderlich, dass sich die Forschung für neue Behandlungsoptionen interessiert.

Die häufigste psychische Störung ist die Gruppe der Angststörungen, zu denen u.a. Phobien oder die Panikstörung zählen. Laut den Angaben der Deutschen Gesellschaft für Psychiatrie und Psychotherapie, Psychosomatik und Nervenheilkunde e. V. sind allein in Deutschland 12 Millionen Menschen von Angststörungen betroffen. [1] Daneben leiden viele Menschen unter wiederkehrenden Ängsten, die zwar – nach Ansicht ihrer Ärzt*innen oder Therapeut*innen – keinen Krankheitswert haben, aber trotzdem sehr belastend sein können.

Ein Stoff, der Menschen mit Ängsten helfen könnte, stammt aus der Hanfpflanze (Cannabis indica oder sativa). Es handelt sich um Cannabidiol (CBD).

Hanfpflanze Cannabis
Als Hauptwirkstoffe der Hanfpflanze Cannabis gelten die Cannabinoide wie CBD. © Melica/stock.adobe.com

Die Wirkung von CBD bei Ängsten

Die pharmakologischen Hauptwirkstoffe der Hanfpflanze heißen Cannabinoide. Sie ähneln einer bestimmten Klasse von Botenstoffen, die wir selbst produzieren: den Endocannabinoiden. Aufgrund ihrer strukturellen Ähnlichkeit können Cannabinoide die Wirkung unserer Endocannabinoide unterstützen. Endocannabinoide sind u.a. an der Regulierung von Immunsystem, Appetit, Schlaf, Stress, Stimmung und Ängsten beteiligt.

Das Cannabinoid CBD erlangte in den letzten Jahren große Bekanntheit – unzählige CBD-Produkte wie zum Beispiel die CBD-Öle sind auf dem Markt erhältlich.

CBD zeigte in der Forschung unter anderem entzündungshemmende, entkrampfende, antidepressive und angstlösende Eigenschaften. Es bindet in unserem Körper nach heutigen Erkenntnissen an 65 verschiedene Rezeptoren und Proteine. [2] Bei der angstlösenden Wirkung dürften vor allem der Cannabinoid-Rezeptor 1 und Serotoninrezeptoren im Gehirn eine Rolle spielen. Bis 2020 zeigte sich die angstlösende Wirkung von CBD in 17 klinischen Studien. [3] Bei diesen Studien nahmen teilweise gesunde Menschen mit leichten Ängsten oder Menschen mit Angststörungen teil. Leider sind die Probandenzahlen der Studien klein, was ihre Aussagekraft schmälert. Damit CBD einmal als Medikament zugelassen werden kann, sind klinische Studien mit mehr Teilnehmenden notwendig.

CBD-Öle bei Ängsten anwenden

Viele Menschen wenden heute CBD-Öle an. Ihr Einsatz ist umstritten, unter anderem da eine klare gesetzliche Regelung fehlt und eine ausreichende Qualität nicht immer gewährleistet ist. Einige Betroffene berichten, dass CBD-Öle ihre Ängste lindern und nehmen sie zum Beispiel bei Lampenfieber oder Prüfungsängsten ein.

Wichtig: Solltest auch Du CBD-Öle aufgrund ihrer angstlösenden Eigenschaften einnehmen wollen, solltest Du ein paar Dinge beachten.

1. CBD-Öle sind kein Ersatz für eine psychologische oder ärztliche Therapie von behandlungsbedürftigen Ängsten. Wenn Du unter wiederkehrenden oder belastenden Ängsten leidest: Suche Dir zunächst psychologische oder ärztliche Hilfe.

2. Vor der Einnahme von CBD-Ölen müssen mögliche Wechselwirkungen, Nebenwirkungen oder Gegenanzeigen beachtet werden. Diese Punkte fasse ich in dem Blogbeitrag „CBD-Öle: Das solltest Du vor der Einnahme beachten“ zusammen. Bitte lies Dir diesen Beitrag durch, wenn Du CBD-Öle anwenden willst.

3. Die Einnahme der CBD-Öle sollte immer nur nach ärztlicher Absprache und unter ärztlicher Überwachung erfolgen.

Entourage-Effekt: Synergieeffekte von Lavendel und CBD

Der amerikanische Wissenschaftler Ethan Russo gilt als einer der Pioniere auf dem Feld der Cannabinoid-Forschung. Eine seiner interessantesten Erkenntnisse ist, dass die Cannabis-Wirkstoffe Teamplayer sind. Sie unterstützen sich nicht nur gegenseitig in ihrer Wirkung. Ihre pharmakologischen Eigenschaften können auch durch Terpene – Bestandteile des ätherischen Öls von Pflanzen – unterstützt werden. Dieser Effekt wird Entourage-Effekt genannt. [4]

Bei der Behandlung von Ängsten könnte der Entourage-Effekt von CBD und dem Terpen Linalool interessant sein. Letzteres finden wir reichlich im ätherischen Öl der Heilpflanze Echter Lavendel (Lavandula angustifolia).  Der Lavendel ist für seine angstlösenden, schlaffördernden und beruhigenden Eigenschaften bekannt. Laut der offiziellen Monografie des HMPC zählen zu den durch klinische Studien belegten Anwendungsgebieten für ätherisches Lavendelöl die Behandlung von Unruhezuständen bei ängstlicher Verstimmung.

Erste Hinweise aus der Grundlagenforschung zeigen, dass Linalool die angstlösenden wie auch die antidepressiven Effekte von CBD steigern könnte. [5]

Lavendelöl und CBD kombinieren

Wie könnten sich CBD und das ätherische Öl des Lavendels bei Ängsten kombinieren lassen? Eine interessante Möglichkeit ist meiner Erfahrung nach die gleichzeitige Einnahme von CBD-Ölen und in Apotheken erhältlichen Arzneimitteln mit ätherischem Lavendelöl. Nach heutigen Erkenntnissen kommt es zu keinen Nebenwirkungen bei gleichzeitiger Einnahme von CBD und Lavendelöl.

Dennoch: Hole Dir auf jeden Fall zunächst therapeutischen Rat, etwa von einem Arzt oder einer Heilpraktikerin, bevor Du CBD und Lavendelöl einnimmst. Mit diesen kannst Du besprechen, ob diese Kombination bei Deinen Ängsten ausreichend ist und sich mit anderen Medikamenten, die Du eventuell einnimmst, verträgt.

Hinweis: Das Betäubungsmittelgesetz beachten!

Grundsätzlich unterliegen Cannabispflanzen und -pflanzenteile sowie das berauschend wirkende THC dem Betäubungsmittelgesetz (BtMG). Sie sind ebenso wie das Cannabisharz (Haschisch) als nicht verkehrsfähiges Betäubungsmittel eingestuft [6]. Das heißt, der Anbau, Handel und Besitz ohne Lizenz ist in Deutschland strafbar.

Ärzte wiederum dürfen unter bestimmten Voraussetzungen THC-haltige Cannabisblüten und -extrakte verschreiben [7].

Hanfsamen enthalten in der Regel kein THC und fallen somit nicht unter das Behandlungsgesetz – vorausgesetzt, sie sind nicht für den unerlaubten Anbau bestimmt [6]. Hanfsamen im Handel zu beziehen und sie als Zutat in der Küche einzusetzen, ist also erlaubt!

Von betäubungsmittelrechtlichen Vorschriften sind Cannabispflanzen und -pflanzenteile auch dann ausgenommen, wenn sie aus dem Anbau in EU-Ländern mit zertifiziertem Saatgut stammen oder ihr Gehalt an THC 0,2 % nicht übersteigt. Der Verkehr mit ihnen darf ausschließlich gewerblichen oder wissenschaftlichen Zwecken dienen. Ausgeschlossen sind auch hier der Anbau sowie ein Missbrauch zu Rauschzwecken [6].

Und zum Schluss

Eine der interessantesten Wiederentdeckung der modernen Medizin ist die Cannabis-Pflanze. Ihre Wirkstoffe könnten bei einer Vielzahl von Erkrankungen und Beschwerden hilfreich sein. CBD könnte sich unter anderem aufgrund seiner angstlösenden Eigenschaften anbieten. Über den Entourage-Effekt ergeben sich interessante Kombinationsmöglichkeiten zwischen CBD und ätherischen Ölen. Bei Ängsten könnten aus meiner Sicht besonders die möglichen Synergieeffekte von CBD und ätherischem Lavendelöl interessant sein. 

Literatur

[1] Deutsche Gesellschaft für Psychiatrie und Psychotherapie, Psychosomatik und Nervenheilkunde e. V. Pressemitteilung: Wenn Angst krankhaft wird (2017). Im Internet: https://www.dgppn.de/presse/pressemitteilungen/pressemitteilungen-2017/themendienst-angststoerungen.html; Stand: 18.11.2022

[2] Bhunia, S, Kolishetti, N, Arias, A et al. Cannabidiol for neurodegenerative disorders: A comprehensive review. Front Pharmacol. 2022; 13: 989717. DOI: 10.3389/fphar.2022.989717

[3] García-Gutiérrez MS, Navarrete F, Gasparyan A et al. Cannabidiol: A Potential New Alternative for the Treatment of Anxiety, Depression, and Psychotic Disorders. Biomolecules 2020; 10: 1575. DOI: 10.3390/biom10111575

[4] Russo EB. Taming THC: potential cannabis synergy and phytocannabinoid-terpenoid entourage effects. Br J Pharmacol. 2011; 163: 1344-64. DOI: 10.1111/j.1476-5381.2011.01238.x

[5] Ferber SG, Namdar D, Hen-Shoval D et al. The „Entourage Effect“: Terpenes Coupled with Cannabinoids for the Treatment of Mood Disorders and Anxiety Disorders. Curr Neuropharmacol. 2020; 18: 87-96. DOI: 10.2174/1570159X17666190903103923

[6] Bundesamt für Verbraucherschutz und Lebensmittelsicherheit. Fällt das Cannabisprodukt unter das Betäubungsmittelgesetzt? https://www.bvl.bund.de/SharedDocs/FAQ/DE/02_Unternemer/01_Lebensmittel/03_FAQ_Hanf_THC_CBD/01_FAQ_Cannabidiol_CBD.html; Stand: 22.05.23

[7] Kassenärztliche Bundesvereinigung. Arzneimittel-Verordnung. Cannabis – was Ärzte bei der Verordnung wissen müssen. Im Internet: https://www.kbv.de/html/cannabis-verordnen.php; Stand: 22.05.23


Wichtiger Hinweis!

Wie jede Wissenschaft ist die Heilpflanzenkunde ständigen Entwicklungen unterworfen. Soweit in diesem Beitrag medizinische Sachverhalte, Anwendungen und Rezepturen beschrieben werden, handelt es sich naturgemäß um allgemeine Darstellungen, die eine individuelle Beratung, Diagnose und Behandlung durch eine Ärztin, einen Arzt oder eine/einen Apothekerin nicht ersetzen können. Jede/Jeder Nutzende ist für die etwaige Anwendung und vorherige sorgfältige Prüfung von Dosierungen, Applikationen oder sonstigen Angaben selbst verantwortlich. Autoren und Autorinnen und Verlag haben große Sorgfalt darauf verwendet, dass diese Angaben bei ihrer Veröffentlichung dem aktuellen Wissensstand entsprechen. Eine Haftung für Schäden oder andere Nachteile ist jedoch ausgeschlossen.

Für die meisten Heilpflanzen fehlen Studien zu Unbedenklichkeit bei der Anwendung in der Schwangerschaft und während der Stillzeit, sowie bei Säuglingen, (Klein-)Kindern und Jugendlichen unter 18 Jahren. Alle beschriebenen Anwendungen sollten daher, sofern nicht ausdrücklich im Beitrag anders beschrieben, bei diesen Personen und in diesen Lebensphasen nicht ohne ärztliche Zustimmung angewendet werden.

Teilen

Das könnte Dir auch gefallen