Pflanzenheilkunde

Selbstgemacht: Salbe mit Fichtenharz

10. Oktober 2023
Baumharz, der aus einer verletzten Baumrinde tritt.

Bestimmt hast Du bei Spaziergängen oder Wanderungen im Wald schon einmal bemerkt, dass Nadelbäume an verletzten Stellen eine klebrige Masse absondern – und zwar  Baumharz zum Verschließen von Verletzungen der Rinde. Harz ist heilkräftig, und Du kannst es sammeln und daraus eine Salbe herstellen.

Rudi Beiser

Lesezeit: 4 Minuten

Fichtenharz sammeln

Beim Waldspaziergang begegnest Du bestimmt der einen oder anderen Fichte, denn sie ist der häufigste Nadelbaum in Deutschland. Jeder vierte Waldbaum ist eine Fichte (Picea abies). Sie wird manchmal auch Rotfichte oder Rottanne genannt. Das liegt an der braun-rötlichen Rinde des Stammes. Theoretisch könnte man die Fichte mit seltener vorkommenden Nadelbäumen wie Tanne oder Douglasie verwechseln. Für das Sammeln von Harz spielt das aber keine Rolle, denn das Harz dieser Bäume kann genauso verwendet werden. Der einzige giftige Nadelbaum unserer Breiten, die Eibe, besitzt kein Harz.

Wie unterscheiden sich Fichte und Tanne?

Die Fichte (Picea abies) hat ihre sehr spitzen, im Querschnitt vierkantigen Nadeln rings um den Zweig angeordnet wie bei einer Flaschenbürste (siehe Bild). Die Weißtanne (Abies alba) besitzt hingegen flache, breite, biegsame Nadeln, die nicht stechen. Daher der Merkspruch: „Die Fichte sticht, die Tanne nicht.“ Außerdem stehen sich Tannennadeln am Zweig meist zweizeilig gegenüber (siehe Bild). Die Zapfen der Fichte hängen am Baum und fallen als Ganzes herunter, während die Zapfen der Tanne aufrecht auf den Zweigen stehen (wie die Kerzen am weihnachtlichen Tannenbaum) und ihre Samenschuppen einzeln abwerfen. Wenn Du also am Boden 10–15 cm große braune, zylindrische Zapfen findest, dann stehst du unter einer Fichte.

Fichtennadeln
Fichtennadeln am Zweig. Quelle: Rudi Beiser/Friesenheim
Tannennadeln am Zweig. Quelle: Rudi Beiser/Friesenheim

Wenn eine Fichte am Stamm verletzt wird, schützt sie sich an dieser Stelle durch Harzabsonderungen gegen eindringende Pilze und Bakterien. Das Harz wirkt für den Baum als antiseptischer Wundverschluss.

Die Heilwirkung der Fichte auf den Menschen

Für die Heilwirkung der Fichte ist vor allem das ätherische Öl verantwortlich, welches in den Nadeln und auch im Harz zu finden ist. Medizinisch verwendet werden in erster Linie Nadeln und Zweigspitzen sowie das daraus destillierte ätherische Öl. Die Inhaltsstoffe wirken schleimlösend, durchblutungsfördernd und antimikrobiell. Die Einsatzgebiete sind dementsprechend Atemwegserkrankungen (innerlich Fichtenspitzen-Tee und Inhalation von Fichtennadelöl) und äußerlich in Form von Einreibungen rheumatische Beschwerden sowie Muskel- und Nervenschmerzen.

Anerkannte medizinische Anwendung von Fichtenspitzen und Fichtennadelöl

Frische Fichtenspitzen und Fichtennadelöl wurden bisher weder vom HMPC von der ESCOP bearbeitet. Die Kommission E hat sowohl frische Fichtenspitzen als auch das Fichtennadelöl bewertet:

  • Frische Fichtenspitzen: innerlich bei Katarrhen der Luftwege, äußerlich bei leichten Muskel- und Nervenschmerzen.
  • Fichtennadelöl: äußerlich und innerlich bei katarrhalischen Erkrankungen der oberen und unteren Luftwege; äußerlich bei rheumatischen und neuralgischen Beschwerden.

Das Harz der Fichte wurde nicht bearbeitet. Es findet nur in der Volksmedizin Anwendung.

Wie wirkt das Fichtenharz?

Auch das gelblich-rötliche Harz der Fichte gilt als heilkräftig, denn es enthält Harzsäuren, Terpentinöl und ätherisches Öl. Es wird schon seit Jahrhunderten in Harzsalben eingearbeitet. Man nutzte diese Salben in der Volksmedizin als sogenannte Zugsalben, um Splitter oder Eiter aus der Haut zu befördern.

Die Salbe eignet sich aufgrund der schleimlösenden und durchblutungsfördernden Wirkung aber auch zum Einreiben von Brust und Rücken bei Atemwegserkrankungen und ebenso für Einreibungen bei Muskelverspannungen oder bei Gelenkschmerzen.

Übrigens: Das Harz der Fichtenstämme wurde früher nicht nur zum Heilen, sondern auch als Ersatz für den teuren Weihrauch zum Räuchern genutzt.

Wie Du Fichtenharz selbst sammeln kannst

Das Harz von Nadelbäumen wurde schon von unseren Vorfahren gesammelt und genutzt. Bis ins 19. Jahrhundert gab es den Beruf des Harzers oder Pechsieders, der das Harz durch künstlich herbeigeführte Verletzungen an den Bäumen gewann.

Im Wald findest Du garantiert Fichten, deren Rinde durch Tiere, Sturm oder bei Waldarbeiten verletzt wurde.  Falls Du eine harzende Fichte entdeckst, kannst Du das ausgetretene Harz mit einem Messer ablösen. Entnimm möglichst nur kleine Mengen und arbeite so, dass die Rinde nicht weiter beschädigt wird.

Je nach Festigkeit muss das klebrige Harz an einem warmen trockenen Ort mehrere Wochen oder gar Monate nachgetrocknet werden. Du kannst das Harz zum Trocknen auf einen Teller legen und in der Nähe einer Heizung aufstellen. Damit Du jedoch nicht so lange warten musst, ist es grundsätzlich sinnvoll, wenn Du schon weitgehend am Baum ausgehärtete Harzteile sammelst. Klebrige Harzreste an Händen, Messer oder in Gefäßen lassen sich am besten mit Öl entfernen.

Für die Harzsalbe, die in Österreich Pechsalbe genannt wird, eignen sich auch die antiseptischen Baumharze von Lärche, Kiefer und Tanne. Pharmakologisch wirken sie alle nahezu identisch. Früher wurden Harzsalben traditionell in Schweineschmalz ausgezogen, welches wir in unserem Rezept durch Kokosöl ersetzen.

So stellst Du Deine Salbe mit Fichtenharz her

Du benötigst:

  • 100 g Kokosöl
  • 30 g Fichtenharz
  • 10 g Fichtennadeln
  • 10 g Bienenwachs
  • 5 Tropfen ätherisches Latschenkieferöl oder Fichtennadelöl
  • außerdem einen Topf, ein Becherglas, einen Küchenthermometer und einen Tiegel zum Abfüllen der Salbe.

So gehst du vor:

Zunächst die Fichtennadeln mit dem Wiegemesser zerkleinern. Öl, Fichtennadeln und Harz in ein Becherglas geben und im Wasserbad auf 65 °C erwärmen. Auf Temperatur halten und rühren. Nach 30 Minuten kannst Du alles durch ein sehr feines Sieb abgießen, um eventuelle Verunreinigungen aus dem Harz zu entfernen. Das Harz-Öl-Gemisch wird nun zusammen mit dem Bienenwachs erwärmt auf 65 °C. Sobald das Wachs geschmolzen ist, nimmst Du das Öl vom Herd. Wenn es unter 40 °C abgekühlt ist, das ätherische Öl unterrühren und alles in Salbendöschen/Tiegel abfüllen. Diese werden erst verschlossen, wenn die Salbe ausgekühlt und fest ist. Die Salbe ist mindestens 16 Monate haltbar.

Tipp: Da das Harz das Becherglas verkleben kann, solltest Du am besten einen Behälter nutzen, der verunreinigt werden darf.

Und zum Schluss …

Du kannst den harzigen Duft der Nadelbäume für Zuhause einfangen, indem Du im Wald Harz sammelst und daraus eine Salbe herstellst. Bei Husten oder bei Muskelverspannungen kannst Du dich mit der wohltuenden Salbe einreiben. Selbstgemachte Salben sind übrigens auch tolle Geschenke für Freunde oder Familie!

Literatur

[1] Beiser R. Baum und Mensch. Stuttgart: Ulmer; 2017

[2] Beiser R. Öle, Cremes und Salben aus Heilpflanzen. Stuttgart: Ulmer; 2020

Wichtiger Hinweis!

Wie jede Wissenschaft ist die Heilpflanzenkunde ständigen Entwicklungen unterworfen. Soweit in diesem Beitrag medizinische Sachverhalte, Anwendungen und Rezepturen beschrieben werden, handelt es sich naturgemäß um allgemeine Darstellungen, die eine individuelle Beratung, Diagnose und Behandlung durch eine Ärztin, einen Arzt oder eine/einen Apothekerin nicht ersetzen können. Jede/Jeder Nutzende ist für die etwaige Anwendung und vorherige sorgfältige Prüfung von Dosierungen, Applikationen oder sonstigen Angaben selbst verantwortlich. Autoren und Autorinnen und Verlag haben große Sorgfalt darauf verwendet, dass diese Angaben bei ihrer Veröffentlichung dem aktuellen Wissensstand entsprechen. Eine Haftung für Schäden oder andere Nachteile ist jedoch ausgeschlossen.

Für die meisten Heilpflanzen fehlen Studien zu Unbedenklichkeit bei der Anwendung in der Schwangerschaft und während der Stillzeit, sowie bei Säuglingen, (Klein-)Kindern und Jugendlichen unter 18 Jahren. Alle beschriebenen Anwendungen sollten daher, sofern nicht ausdrücklich im Beitrag anders beschrieben, bei diesen Personen und in diesen Lebensphasen nicht ohne ärztliche Zustimmung angewendet werden.

Teilen

Das könnte Dir auch gefallen