Pflanzenheilkunde

Fit mit Ashwagandha: was ist dran am Trend?

8. August 2023
Getränk aus Ashwagandha-Wurzel

Hast Du schon mal von der Schlafbeere (Withania somnifera) gehört? Wahrscheinlich kennst Du sie unter ihrem Sanskrit-Namen: Ashwagandha. Ihre Wurzel wird in der ayurvedischen Medizin viel genutzt und könnte mit ihren anregenden und schlaffördernden Wirkungen auch unseren pflanzlichen Arzneischatz bereichern. Vorausgesetzt, man beachtet einiges.

Sebastian Vigl

Lesezeit: 4 Minuten

Ashwagandha: beliebt in der ayurvedischen Medizin und bald auch bei uns

Die Wurzeln von Ashwagandha zählen zu den am häufigsten verwendeten pflanzlichen Arzneien des Ayurveda. In der ayurvedischen Medizin wird die Pflanze bei vielen Beschwerden eingesetzt, unter anderem bei Entzündungen, Erschöpfung, Impotenz und altersbedingten Beschwerden.

Schon gewusst? Ashwagandha wird oft mit Ginseng (Panax ginseng) und anderen pflanzlichen Tonika verglichen, da sie die körperliche Leistung steigern soll.

Monografie für Ashwagandha steht noch aus

Eine Monografie durch die Kommission E und der ESCOP existiert nicht. Das HMPC hat sich bereits mehrfach mit Withania somnifera befasst – und beabsichtigt, eine Monografie zu verfassen. Bis jetzt lägen aber noch nicht die dafür erforderlichen Daten vor, was auch daran liegt, dass die Pflanze im europäischen Raum erst seit Kurzem verwendet wird. Dies schrieb die zuständige Behörde unter anderem im Jahr 2013 [1].

Neue Forschung rund um Ashwagandha

Dass Withania somnifera noch nicht für eine Monogafie beurteilt werden kann, dürfte sich bald ändern. Denn seit 2013 hat sich in Forschung einiges getan. Seither sind 29 klinischen Studien veröffentlicht worden, die sich mit der Pflanze befassen. Zum Vergleich: Bis 2013 waren es gerade mal 13 klinische Studien.

Die klinischen Studien untersuchten unterschiedliche Eigenschaften der Pflanze, darunter ihre stresslindernden, entzündungshemmenden, schlaffördernden, angstlösenden, stimmungsaufhellenden und tonisierenden (kräftigenden) Wirkungen. Letztere sind in der Forschung – und auch bei den Anwender*innen – von besonderem Interesse.

Withania somnifera
Ashwagandha oder Schlafbeere (Withania somnifera). © simona/stock.adobe.com

Ashwagandha bei Fitness: Auswertung bisheriger Studien

Eine 2021 veröffentlichte Publikation wertete 13 klinische Studien aus, welche die Wirkung von Ashwagandha auf die körperliche Fitness untersuchten. Das Ergebnis: Ashwagandha verbesserte – verglichen mit dem jeweiligen Placebo – Muskelkraft und Kreislauf-Leistung der Probanden und verringerte die Erschöpfung nach dem Training. Ebenso verbesserten sich Muskelkater und Stressbelastung, die Schlafqualität nahm zu. Die Dosierungen betrugen zwischen 240 und 600 Milligramm/Tag [1]. Bei einer der Studien nahmen Probanden sogar bis zu 1250 mg täglich ein [2]. In allen Studien traten keine nennenswerten Nebenwirkungen auf.

Relevante Wirkmechanismen von Ashwagandha

Die Ursachen für die beobachteten Wirkungen auf Kraft und Fitness sind noch unklar. Verantwortlich werden unter anderem die antioxidativen, entzündungshemmenden und stresslindernden Eigenschaften gemacht. Die antioxidativen Eigenschaften der Wurzel könnten freie Radikale unschädlich machen, die bei intensivem Training entstehen und den Organismus belasten. Auch eine mögliche Steigerung der Testosteron-Produktion wird diskutiert. Beim erschöpfungslindernden Effekt dürften auch die schlaffördernden Eigenschaften der Pflanze eine Rolle spielen. Ein gesunder Nachtschlaf fördert bekanntlich die Regeneration nach einem körperlichen Training und kann sich positiv auf Muskelaufbau und Energiehaushalt auswirken. [2]

Wie Du Ashwagandha sicher anwendest

Vorsicht: Leider weist importierte Pflanzenmedizin aus Asien immer wieder Verunreinigungen auf, die zum Teil auch gesundheitsschädlich oder sogar lebensgefährlich sein können. Dies gilt leider auch für Ayurveda-Produkte, die bisweilen durch Schwermetalle wie Blei verunreinigt sind. [4]

Momentan gibt es meiner Ansicht nach zwei gute Möglichkeiten, in Deutschland Ashwagandha in sicherer Qualität zu bekommen. Die erste wäre der Kauf von getrockneter Ashwagandha-Wurzel (Withaniae radix) als Teedroge in der Apotheke. Die zweite Möglichkeit wäre der Erwerb eines sogenannten Churnas aus Ashwagandha in Bio-Qualität.

Churna ist die Bezeichnung für ein feines Mehl, das für die innerliche Anwendung aus Pflanzen hergestellt wird. Der Hersteller sollte den Nachweis der Bio-Qualität durch in Deutschland anerkannte Bio-Siegel erbringen, die Verarbeitung und Qualitätsprüfung sollten am besten auch in Deutschland erfolgt sein. Das Churna aus Ashwaganda nimmst Du dann – wie alle anderen Churnas auch – gemäß den Herstellerangaben ein.

Aswagandha-Tee

Einen Tee aus der Ashwagandha-Wurzel bereitest Du Dir wie folgt zu:

3-mal tgl. 1 EL Ashwagandha-Wurzel mit 250 ml siedendem Wasser überbrühen und 20 Minuten lang zugedeckt ziehen lassen.

Mögliche Nebenwirkungen, Wechselwirkungen und Gegenanzeigen

Wichtig: Die Einnahme von Ashwagandha sollte nicht länger als drei Monate erfolgen, diese Einnahmedauer gilt aufgrund der bisherigen Studienlage als sicher. Nach einer einmonatigen Pause kannst Du Ashwagandha dann wieder erneut einnehmen.

Als mögliche Nebenwirkungen werden Verdauungsbeschwerden wie Übelkeit oder Durchfall genannt. Treten diese Nebenwirkungen bei Dir auf, dann stoppe die Einnahme und besprich Dich zunächst mit Deiner Ärztin oder Deinem Arzt.

Kein Ashwagandha sollten Schwangere und Stillende einnehmen, da noch keine Studien zur Unbedenklichkeit vorliegen. Menschen mit Lebererkrankungen wie Leberzirrhose oder Fettleber oder mit Magengeschwüren sollten die Pflanze ebenfalls nicht anwenden, da die Pflanze die Leber und die Magenschleimhaut belasten könnte.

Aufgrund des heutigen Wissenstandes können Wechselwirkungen von Ashwagandha mit einzelnen Medikamenten nicht ausgeschlossen werden, dies gilt insbesondere für synthetische Schilddrüsenhormone, Diabetes-Medikamente, Immunsuppressiva, und Beruhigungsmittel – Ashwagandha könnte deren Wirkung verstärken [5]. Kläre zunächst mögliche Wechselwirkungen in einem ärztlichen Gespräch, wenn Du eines dieser Medikamente einnimmst und die Pflanze anwenden willst.

Und zum Schluss

Immer mehr Heilpflanzen aus der ayurvedischen Medizin finden auch bei uns Anwendung. Dazu zählt auch Ashwagandha, ein Tonikum, das in Studien die körperliche Fitness steigern konnte. In meiner Praxisarbeit überzeugten mich vor allem die schlaffördernden Eigenschaften der Pflanze. Diese dürften bei der Wirkung auf die körperliche Fitness auf jeden Fall eine Rolle spielen. Wichtig ist nur, dass man die Einnahmedauer, Dosierungsgrenzen, Nebenwirkungen, Gegenanzeigen und Wechselwirkungen beachtet.

Literatur

[1] European Medicines Agency. Withaniae somniferae radix. Im Internet: https://www.ema.europa.eu/en/medicines/herbal/withaniae-somniferae-radix. Stand: 03.03.2023

[2] Bonilla DA, Moreno Y, Gho C et al. Effects of Ashwagandha (Withania somnifera) on Physical Performance: Systematic Review and Bayesian Meta-Analysis. J Funct Morphol Kinesiol. 2021 Feb 11; 6(1):20

[3] Raut A, Rege N, Shirolkar S et al. Exploratory study to evaluate tolerability, safety, and activity of Ashwagandha (Withania somnifera) in healthy volunteers. J. Ayurveda Integr. Med. 2012; 3:111

[4] Scherbaum CR, Frank T, Suárez V. Schwere Bleivergiftung durch ayurvedisches Heilmittel. Dtsch Med Wochenschr 2022; 147:253–257

[5] Shane-McWhorter L. Ashwagandha. Im Internet: https://www.msdmanuals.com/home/special-subjects/dietary-supplements-and-vitamins/ashwagandha. Stand: 06.03.2023

Wichtiger Hinweis!

Wie jede Wissenschaft ist die Heilpflanzenkunde ständigen Entwicklungen unterworfen. Soweit in diesem Beitrag medizinische Sachverhalte, Anwendungen und Rezepturen beschrieben werden, handelt es sich naturgemäß um allgemeine Darstellungen, die eine individuelle Beratung, Diagnose und Behandlung durch eine Ärztin, einen Arzt oder eine/einen Apothekerin nicht ersetzen können. Jede/Jeder Nutzende ist für die etwaige Anwendung und vorherige sorgfältige Prüfung von Dosierungen, Applikationen oder sonstigen Angaben selbst verantwortlich. Autoren und Autorinnen und Verlag haben große Sorgfalt darauf verwendet, dass diese Angaben bei ihrer Veröffentlichung dem aktuellen Wissensstand entsprechen. Eine Haftung für Schäden oder andere Nachteile ist jedoch ausgeschlossen.

Für die meisten Heilpflanzen fehlen Studien zu Unbedenklichkeit bei der Anwendung in der Schwangerschaft und während der Stillzeit, sowie bei Säuglingen, (Klein-)Kindern und Jugendlichen unter 18 Jahren. Alle beschriebenen Anwendungen sollten daher, sofern nicht ausdrücklich im Beitrag anders beschrieben, bei diesen Personen und in diesen Lebensphasen nicht ohne ärztliche Zustimmung angewendet werden.

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