Pflanzenheilkunde

Microgreens – Do it yourself!

14. Juni 2022
3 Schalen mit Microgreens Nahaufnahme auf roter Bank

Gesundes Gemüse und Kräuter sollte man am besten frisch ernten. Wie wäre es, wenn Du dafür nur bis zum Küchenfenster laufen müsstest? Denn dort können Microgreens wachsen – schmackhafte und heilkräftige Gemüse und Kräuter. Für ihren Anbau brauchst Du nicht einmal einen grünen Daumen.

Sebastian Vigl

Lesezeit: 4 Minuten

Junge Pflanzen leben gefährlich: warum Microgreens Heilwirkungen haben

Junge, gerade gekeimte Pflanzen haben es eilig, einen Platz an der Sonne zu ergattern. Die Vorräte in ihren Samen reichen für den ersten Wachstumsschub. Für das weitere Gedeihen sind sie auf Sonnenlicht angewiesen. Mit dessen Energie stellen sie nicht nur Nährstoffe her, sondern auch sehr viele sogenannte sekundäre Pflanzeninhaltsstoffe. Mit diesen setzen sie sich gegenüber hungrigen Tieren zur Wehr, für die frisch gekeimte Pflanzen ein lohnenswerter Leckerbissen sind. Sie enthalten mehr Mineralien und Vitamine als ausgewachsene Pflanzen und sind besonders zart im Biss. Zu den sekundären Pflanzeninhaltsstoffe zählen zum Beispiel Bitterstoffe oder schwefelhaltige Senföle. Diese können Tieren schaden oder ihnen den Appetit verderben. Für uns sind diese Stoffe meist keine Gefahr, im Gegenteil: Sekundäre Pflanzeninhaltsstoffe haben viele Heilwirkungen, sie machen aus Pflanzen Heilpflanzen [1].

Besonders viele sekundäre Pflanzeninhaltsstoffe liefern Microgreens, wie zum Verzehr geeignete junge Pflänzchen heute heißen. Ihre Ernte findet ein bis zwei Wochen nach der Keimung statt.

Gesunder Genuss mit Microgreens

Für den Microgreen-Anbau eignen sich diverse Küchenkräuter wie Sellerie, Heilpflanzen wie Kapuzinerkresse und Basilikum, Gemüse wie Brokkoli oder Rettich, oder Getreide wie Weizen. Sie alle beleben durch ihre Vital- und Heilstoffe nicht nur unseren Organismus, sondern auch unsere Küche durch ihre intensiven Farben und ihren frischen Geschmack. Microgreens sind daher nicht nur bei gesundheitsbewussten Menschen, sondern auch in der Gastronomie ein wichtiger neuer Trend [2].

Microgreens verwendest Du roh, zum Beispiel auf Salaten, Currys, Pasta oder Gemüsegerichten oder als Beigabe zu Pestos oder Smoothies.

So baust Du Microgreens selbst an

Für den Anbau von Microgreens brauchst Du kein gärtnerisches Geschick, nicht einmal Geduld! In den ersten Tagen ihres Lebens sind Jungpflanzen extrem vital und kräftig und stellen wenig Ansprüche. Mit den folgenden Schritten gelingt der Anbau.

1. Behälter wählen.

Microgreens kannst Du in sauberen Lebensmittelverpackungen (zum Beispiel durchsichtigen Plastikbehälter für Obst oder Gemüse aus dem Supermarkt) oder in im Handel erhältlichen Wannen ziehen. Die Lebensmittelverpackungen sollten an der Unterseite Löcher haben.

2. Behälter mit Erde füllen.

Fülle Deinen Behälter vier Zentimeter hoch mit Anzuchterde und drücke sie gleichmäßig fest. Gieße die Anzuchterde einmal, damit sie schön feucht ist.

3. Saatgut aussäen.

Es gibt spezielles Saatgut für Microgreens im Handel, das verteilst Du gleichmäßig und großzügig auf der Erde. Wichtig: Es soll ganz dicht beieinander, aber nicht aufeinander liegen. Drücke alle Samen mit der Hand fest, damit sie Kontakt zur Erde haben. Die meisten Samen keimen im Dunkeln, mit Erde musst Du sie nicht bedecken. Decke Deinen Behälter zwei Tage lange mit einem Tuch oder einem Stück Pappe ab. Danach stellst Du Deine Microgreens an einen hellen Ort in Deiner Wohnung. Je nach Saatgut dauert es nun 1-2 Wochen, bis die Keimung beginnt.

Nahaufnahme von keimendes Saatgut von Bockshornklee-Microgreens auf Holzbank
Abbildung 2. Keimendes Saatgut von Bockshornklee-Microgreens. Die Samen wurden dicht nebeneinander gesät. Quelle: Sebastian Vigl/Thieme

4. Richtig bewässern.

In den ersten drei Tagen befeuchtest Du das keimende Saatgut zweimal täglich mit einer Sprühflasche. Danach bewässerst Du Deine Microgreens alle zwei Tage am besten von unten – dafür sollten Behälter Löcher im Boden haben. Stelle die Behälter in ein Becken mit Wasser, dieses dringt durch die Löcher in die Erde. Im Handel erhältliche Microgreens-Wannen haben keine Löcher. Hier gießt Du von der Seite.

Achtung: Microgreens nie von oben bewässern! Sonst kann die Feuchtigkeit zwischen den Jungpflanzen Schimmel nähren.

5. Ernten.

Ernten kannst Du schon ein bis zwei Wochen nach Keimbeginn, wenn die Microgreens satte erste Blätter gebildet haben. Microgreens schneidest Du am besten mit der Schere, kurz oberhalb der Erde, ab. Waschen brauchst Du sie nicht. Was Du nicht sofort verbrauchst, lagerst Du in einer Plastiktüte im Kühlschrank.

Erntereife Bockshornklee Microgreens, Nahaufnahme auf Holzbank.
Abbildung 3. Die Microgreens vom Bockshornklee sind erntereif und ein toller Genuss auf Käsebrot oder Currys. Quelle: Sebastian Vigl/Thieme

Zwölf einfache Microgreen-Sorten für Anfänger

Viele Pflanzen eignen sich als Microgreens, doch einige sind etwas schwieriger großzuziehen. Die in Tabelle 1 aufgeführten Sorten gelingen leicht und bieten eine Vielzahl interessanter Heilwirkungen.

MicrogreenBesonderheiten beim AnbauBesondere Wirkung der Pflanze
Adzukibohnen (Vigna angularis)– vor dem Säen 12 Stunden einweichen
– frühestens nach 6 Tagen ernten
anregend, senkt hohe Blutfettwerte, hebt die Stimmung
Alfafa (Medicago sativa)frühestens nach 6 Tagen erntenanregend
Bockshornklee (Trigonella foenum.grasecum)– vor dem Säen 12 Stunden einweichen
– frühestens nach 6 Tagen ernten
anregend, verdauungsfördernd
Buchweizen (Fagopyrum esculentum)vor dem Säen 2 Stunden einweichenentgiftend, fördert die Durchblutung
Erbse (Pisum sativum) – vor dem Säen 12 Stunden einweichen
– frühestens nach 6 Tagen ernten
anregend, fördert die Gefäßgesundheit, senkt hohe Bluttfettwerte, entgiftend, hebt die Stimmung
Grünkohl (Brassica oleracea var. sabellica)fördert die Gefäßgesundheit
Kresse (Leptidium sativum)braucht keine Abdeckung beim Keimenimmunstärkend
Mizuna (Brassica rapa var. niposinica)fördert die Gefäßgesundheit, verdauungsfördernd
Radieschen (Raphanus sativus var. sativus)immunstärkend, verdauungsfördernd
Spinat (Spinacia oleracea)anregend, entgiftend, immunstärkend
Weizen (Triticum aestivum)entgiftend, immunstärkend
Tabelle 1: Microgreen-Sorten für Anfänger

Die Sorten aus Tabelle 1 kannst Du nur einmal ernten. Nach der Ernte entsorgst Du die durchwurzelte Anzuchterde. Es gibt eine Ausnahme: Weizen kannst Du 3-mal ernten, der wächst immer wieder nach.

Und zum Schluss…

Microgreens sind eine neue Möglichkeit, mit Heilpflanzen unser Leben zu bereichern. Sie werten Deine Gerichte nicht nur optisch und geschmacklich auf, sie verleihen ihnen auch viele Vital- und wertvolle Inhaltsstoffe. Ihr Anbau ist nachhaltig und ziemlich einfach. Du brauchst Samen, etwas Anzuchterde, Wasser, einen geeigneten Behälter und einen hellen Platz in Deiner Wohnung: Und schon kannst Du Dich das ganze Jahr über mit frischen Microgreens versorgen.

Literatur

[1] The Science behind Microgreens as an Exciting New Food for the 21st Century. J Agric Food Chem. 2018 Nov 7; 66(44): 11519–11530

[2] Microgreens: Production, shelf life, and bioactive components. Crit Rev Food Sci Nutr 2017 Aug 13; 57(12): 2730–2736

Wichtiger Hinweis!

Wie jede Wissenschaft ist die Heilpflanzenkunde ständigen Entwicklungen unterworfen. Soweit in diesem Beitrag medizinische Sachverhalte, Anwendungen und Rezepturen beschrieben werden, handelt es sich naturgemäß um allgemeine Darstellungen, die eine individuelle Beratung, Diagnose und Behandlung durch eine Ärztin, einen Arzt oder eine/einen Apothekerin nicht ersetzen können. Jede/Jeder Nutzende ist für die etwaige Anwendung und vorherige sorgfältige Prüfung von Dosierungen, Applikationen oder sonstigen Angaben selbst verantwortlich. Autoren und Autorinnen und Verlag haben große Sorgfalt darauf verwendet, dass diese Angaben bei ihrer Veröffentlichung dem aktuellen Wissensstand entsprechen. Eine Haftung für Schäden oder andere Nachteile ist jedoch ausgeschlossen.

Für die meisten Heilpflanzen fehlen Studien zu Unbedenklichkeit bei der Anwendung in der Schwangerschaft und während der Stillzeit, sowie bei Säuglingen, (Klein-)Kindern und Jugendlichen unter 18 Jahren. Alle beschriebenen Anwendungen sollten daher, sofern nicht ausdrücklich im Beitrag anders beschrieben, bei diesen Personen und in diesen Lebensphasen nicht ohne ärztliche Zustimmung angewendet werden.

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