Pflanzenheilkunde

Kakao – Speise der Götter

19. Dezember 2023
Kakaosamen

Du kennst Kakao wahrscheinlich nur als einen Bestandteil von Schokolade oder Trinkkakao. Mit dem ursprünglichen Getränk der Azteken und dessen Geschmack haben diese nicht mehr viel gemein. Ich stelle Dir ein Rezept für einen Kakao-Trunk vor, der dem Trunk vor Jahrtausenden schon ziemlich nahekommt.

Martin Zwiesele

Lesezeit: 5 Minuten

Der Kakaobaum (Theobroma cacao) wurde vor etwa 4000 Jahren in Mittelamerika kultiviert. Der immergrüne, bis zu 15 Metern hohe Baum war von den Azteken als Gabe des Gottes Quetzalcoatl angesehen worden. Er trägt bis zu 20 cm lange Beerenfrüchte, in deren Fruchtfleisch die purpurroten Samen eingebettet sind, die zur Kakaoherstellung verwendet werden [2].   

Der Kakaobaum gehört zur Familie der Sterculiaceae, was übersetzt „Stinkbaumgewächse“ bedeutet und nicht sehr ansprechend klingt. Carl von Linné orientierte sich mit dem botanischen Namen an den alten Bezeichnungen: Theobroma kommt aus dem Griechischen und entspricht in der Übersetzung dem, was die Azteken als „Speise der Götter“ bezeichneten. Denn dies war ihre Umschreibung für den Kakaobaum. Cacao stammt aus der Sprache der Maya und bezeichnet sowohl den Kakaobaum, die Frucht wie auch das daraus zubereitete Getränk.

Xocolatl – der Vorfahre unserer Trinkschokolade

Einst wurde Kakao ausschließlich zu rituellen Zwecken eingenommen und den Göttern dargebracht. Damals wurde er auch noch ohne Zucker und mit Wasser zubereitet. Das von den Maya als xocolatl bezeichnete Rezept gilt als historischer Vorläufer unserer Trinkschokolade. Die Bezeichnung beinhaltet die Worte „bitter“ und „Wasser“. Neben Kakao enthält xocolatl Vanille, Zimt und Pfeffer sowie regional unterschiedliche Gewürze. Das Getränk soll eine aphrodisierende, stimmungsaufhellende bis berauschende Wirkung gehabt haben.

Kakaobohnen waren damals als Nahrungsmittel, Stimulans, als Medizin und sogar als Zahlungsmittel weit verbreitet. Medizinisch wurde Kakao vor allem als Tonikum (Stärkungsmittel), Aphrodisiakum (lustanregendes Mittel) und wegen seiner harntreibenden Wirkung eingesetzt. Nach der Einführung des Kakaos in Europa ab ca. dem 16. Jahrhundert nahm er auch in unseren Breiten als anregendes Genussmittel, ähnlich wie Kaffee oder Tee, Einfluss auf das kulturelle Leben.

Was ist drin in der Kakaobohne?

Für die Herstellung von Kakao werden üblicherweise die Kakaobohnen (Cacao semen) verwendet. Sie enthalten [3, 4]:

  • Fette (über 50% der Rohmasse; sie ist der Ausgangspunkt für Kakaobutter (Cacao oleum) in unfermentiertem Zustand
  • Aminosäuren und Proteine
  • Zellulose
  • Polyphenole wie Flavonoide (Catechine und Anthocyane)
  • Alkaloide wie Salsolinol sowie Methylxanthine
  • Theobromin
  • wenig Koffein
  • Spuren von Theophyllin
  • biogene Amine wie Phenylethylamin, Tyramin, Tryptamin, Serotonin (der höchste Gehalt an Serotonin findet sich jedoch in den Kakaoschalen, Cacao testes)
  • zahlreiche Mineralien, darunter viel Magnesium, Eisen, Kalium, Kalizum, Zink

Welche Wirkungen und Indikationen sind heute bekannt?

Schokolade und industrielle Kakaoprodukte können bei übermäßigem Konsum ungesund sein – schon aufgrund des hohen Zuckergehaltes gehören Übergewicht, Karies und Diabetes mellitus zu den möglichen Folgen.

Die wesentlichen Inhaltsstoffe des Kakao, dies sind vor allem die Polyphenole und Alkaloide, werden in Zusammenhang gebracht mit antidepressiven, stimmungsaufhellenden und aphrodisierenden Wirkungen [3].

Darüber hinaus gibt es offenbar positive Wirkungen auf das Nervensystem: eine Übersichtsstudie fand zahlreiche Hinweise darauf, dass durch Kakao den Erhalt geistiger Funktionen sowohl bei alters- wie auch krankheitsbedingter Demenz (Alzheimer, Parkinson) unterstützen und die Degeneration von Nervenzellen hemmen könnte [5].

Sehr gut belegt sind die Wirkungen des Kakaos und seiner Inhaltsstoffe auf das Herz-Kreislauf-System und den Stoffwechsel: eine moderate blutdrucksenkende Tendenz kann nach dem Genuss festgestellt werden auf Grund der gefäßerweiternden, entspannenden und damit durchblutungsfördernden Wirkung. Auch eine Regulierung der Blutfette sowie Senkung des Blutzuckerspiegels sind in Studien belegt. Im Zusammenhang mit entzündungshemmenden und antioxidativen Eigenschaften macht dies Hoffnungen auf zukünftige Einsatzmöglichkeiten bei metabolisch-chronischen Erkrankungen wie Diabetes mellitus, begleitender Behandlung bei Übergewicht und altersbedingten Beschwerden oder in der Prävention von Krebserkrankungen [6]. Weitere Forschungen dazu sind allerdings notwendig, um dies zu bestätigen

Es ist dabei wichtig zu bedenken, dass es gravierende Unterschiede zwischen Schokolade-Produkten mit verarbeitetem Kakao und natürlichem Rohkakao hinsichtlich der wirkungsleitenden Inhaltsstoffe gibt. Die für die Studien verwendeten dürften auch für die sehr gemischte Studienlage verantwortlich sein: häufig werden in vitro Studien anhand bestimmter Inhaltsstoffe durchgeführt, während für in vivo Studien an Menschen häufig verarbeitete Kakaoprodukte verwendet werden. Gerade die Kakaoschalen, die im Zuge des Herstellungsprozess entfernt werden, verfügen offenbar über ein großes therapeutisches Potenzial: das Spektrum könnte von antibakteriellen und antiviralen Qualitäten über positive Herz-Kreislauf-Wirkungen, Blutzucker- und Blutfettsenkung bis hin zu möglichen krebswidrigen Tendenzen reichen [7].

Hinweis: Die vorgestellten Studienergebnisse dienen nicht als Anleitung zur Selbstbehandlung mit einer Zubereitung aus Kakao. Sie sind hier beispielhaft genannt, um das mögliche Potenzial der Pflanze aufzuzeigen. Weitere Studien sind notwendig.

In der Volksheilkunde werden häufig die Kakaoschalen als harntreibendes Mittel bei Nieren- und Blasenleiden, bei Durchfällen sowie Leber- und Gallenbeschwerden. Außerdem werden vor allem aufgrund der Methylxanthine bronchospasmolytische (die Bronchien entspannende), vasodilatierende (gefäßentspannende) und muskelrelaxierende (muskelentspannende) Wirkungen vermutet.  Methylxanthine finden sich auch in den Bohnen.

Leider gab es sowohl für die Kakaobohnen (Cacao semen) als auch die Kakaoschalen (Cacao testes) lediglich eine Negativ-Monografie der Kommission E aufgrund möglicher, wenn auch seltener allergischer Reaktionen [2].

Kakao-Trunk wie zu Montezumas Zeiten

Wenn Du Dich auf die Spur der aztekischen Kakao-Kultur begeben willst, probiere doch mal ein Rezept, das sich den ursprünglichen Zubereitungsformen annähert. Der Kakao-Trunk entfaltet eine wohlig-warme, entspannende bis erheiternde Wirkung.

Zutaten

  • 250 ml Wasser
  • 5 gehäufte Teelöffel Kakaopulver
  • 1-2 Teelöffel Zimt (Ceylon-Zimt)
  • 1-2 Messerspitzen Kardamom
  • 1 Messerspitze Nelke
  • 4-6 Teelöffel Honig
  • das Innere einer halben Vanilleschote
  • nach Geschmack 1 Messerspitze roten Chilipfeffer

Zubereitung

Alle Zutaten im Wasser für ca. 5 Minuten kochen lassen Vorsicht, es kocht leicht über [8]!

Hinweis: Alle verwendeten Produkte sollten Bioqualität haben. Nicht mehr als eine Portion davon am Tag trinken. Zudem sollten ihn nur Erwachsene den Kakao-Trunk trinken.

Was musst Du beachten?

Ungeachtet der Tatsache, dass Kakaoprodukte weit verbreitet und im Allgemeinen gut verträglich sind, gilt es einige Vorsichtmaßnahmen zu bedenken: Eine Dosierung von 20 g Rohkakao am Tag sollte nicht überschritten werden. Bei einer bekannten Allergie gegen Kakao oder Überempfindlichkeit gegen wesentliche Inhaltsstoffe darfst Du den Kakao-Trunk natürlich nicht zu Dir nehmen. Das gilt auch für Menschen mit manifesten Herz-Kreislauf-Erkrankungen und psychischen Erkrankungen.

Bei Überdosierungen (etwa ab 40 g) können auch Kopfschmerzen, Augenflimmern, erhöhter Puls bis hin zu Migräneattacken auftreten [4].

Und zum Schluss …

Seit Jahrtausenden wird Kakao als Genuss- und Heilmittel eingesetzt. Auch aktuelle Studien belegen die positiven Wirkungen, die er auf die Psyche und den Körper haben könnte, Stoffwechsel und das Herz-Kreislauf-System könnten daher von regelmäßigem Kakao-Konsum profitieren. Das gilt in bedingtem Maß auch für Schokolade, wobei es hier sehr auf das Verhältnis von Kakao und Zucker ankommt.

Literatur

[1] Rätsch C. Enzyklopädie der psychoaktiven Pflanzen: Botanik, Ethnopharmakologie und Anwendung. Die wichtigsten Gattungen und Arten von A-Z: Theobroma cacao – Kakaobaum. Aarau: AT-Verlag; 2007

[2] Bäumler S. Heilpflanzenpraxis heute – Arzneipflanzenportraits. München: Elsevier; 2021. S. 226f.

[3] Montagna MT et al. Chocolate, „Food of the Gods“: History, Science, and Human Health. International Journal of Environmental Research and Public Health. 2019. 6; 16(24): 4960

[4] Blaschek W, Ebel S, Hackenthal E, Holzgrabe U, Keller K, Reichling J, Schulz V. Hrsg. Hagers Enzyklopädie der Arzneistoffe und Drogen. Stuttgart: WVG/Springer; 2014, Theobroma

[5] Nehlig A. The neuroprotective effects of cocoa flavanol and its influence on cognitive performance. British Journal of Clinical Pharmacology. 2013; 75(3), 716-727

[6] Ellam S, Williamson G. Cocoa and Human Health. Annual Review of Nutrition, 2013: 33, 105-128

[7] Rojo-Poveda O et al. Cocoa Bean Shell By-Product with Nutritional Properties and Biofunctional Potential. Nutritients 2020 Apr; 12 (4): 1123

[8] Schuldes BM. Psychoaktive Pflanzen: mehr als 65 Pflanzen mit anregender, euphorisierender, beruhigender, sexuell erregender oder halluzinogener Wirkung. Nachtschatten Verlag, Solothurn, 10. Auflage, S. 71f.

Wichtiger Hinweis!

Wie jede Wissenschaft ist die Heilpflanzenkunde ständigen Entwicklungen unterworfen. Soweit in diesem Beitrag medizinische Sachverhalte, Anwendungen und Rezepturen beschrieben werden, handelt es sich naturgemäß um allgemeine Darstellungen, die eine individuelle Beratung, Diagnose und Behandlung durch eine Ärztin, einen Arzt oder eine/einen Apothekerin nicht ersetzen können. Jede/Jeder Nutzende ist für die etwaige Anwendung und vorherige sorgfältige Prüfung von Dosierungen, Applikationen oder sonstigen Angaben selbst verantwortlich. Autoren und Autorinnen und Verlag haben große Sorgfalt darauf verwendet, dass diese Angaben bei ihrer Veröffentlichung dem aktuellen Wissensstand entsprechen. Eine Haftung für Schäden oder andere Nachteile ist jedoch ausgeschlossen.

Für die meisten Heilpflanzen fehlen Studien zu Unbedenklichkeit bei der Anwendung in der Schwangerschaft und während der Stillzeit, sowie bei Säuglingen, (Klein-)Kindern und Jugendlichen unter 18 Jahren. Alle beschriebenen Anwendungen sollten daher, sofern nicht ausdrücklich im Beitrag anders beschrieben, bei diesen Personen und in diesen Lebensphasen nicht ohne ärztliche Zustimmung angewendet werden.

Teilen

Das könnte Dir auch gefallen