Pflanzenheilkunde

Dost im Brauchtum – ein Schutzkraut für alle Fälle

11. Juli 2022
Blühender Dost

Unsere Vorfahren nutzten Heilpflanzen nicht nur gegen Krankheit, sondern auch zu magischen Zwecken. Sie verwendeten sie, um sich vor Unheil zu schützen, um bei Geschäftsabschlüssen Glück zu haben oder um einen Liebeszauber zu erwirken. Häufig wurde für Magie und Zauberei Dost (Origanum vulgare) verwendet.

Rudi Beiser

Lesezeit: 3,5 Minuten

Wie Dost Hexen, Dämonen und den Teufel vertreibt

Der Dost (Origanum vulgare) wird auch Wilder Majoran genannt. Er gilt seit Jahrhunderten als antidämonische Pflanze. Vor allem zur Zeit der Hexenverfolgung im 16. und 17. Jahrhundert war er als Abwehr– und Schutzpflanze gefragt. Trug man Dost bei sich, war man sicher vor Teufel, Hexen, Druden und sonstigen Geistern. Deshalb wurde er als Büschel im Stall und im Haus aufgehängt. Vor allem an Tür- und Fensteröffnungen angebracht, sollte er dem Bösen den Eintritt verwehren.

Insbesondere Kinder galten als gefährdet. Daher wurde Dost in die Wiege und ins Kindsbett gelegt. Auch Schwangere und stillende Mütter schützten sich mit Dost vor negativen Einflüssen. Dazu stopften sie das Kraut in die Bettmatratze. Zu den sogenannten Bettstrohkräutern gehörte neben Dost auch Quendel (Thymus serpyllum). Einer christlichen Legende nach kamen die beiden Kräuter zu ihrer antidämonischen Wirkung, als Maria im Stall daraus ein Lager für das Jesuskind machte. So ist der Dost auch Bestandteil der an Maria Himmelfahrt (15. August) geweihten Kräuterbüschel. Meist setzte man solch ein Kräuterbüschel auch zur Abwehr von Unheil ein.

Wer den Dost für Abwehr– oder Zauberzwecke ernten wollte, musste ihn während der Ernte zunächst besprechen: „Dost ich dich brich/ drei gute Wort ich über dich sprich/ das erst ist der Vater/ das ander ist der Sohn/ das dritt ist der Heilige Geist/ was du Dost wohl weißt.“ Die Christianisierung konnte den magischen Praktiken letztendlich jedoch keinen Einhalt gebieten. Mit Hilfe der Dreifaltigkeit wurden sie weiterhin ausgeübt, auch wenn es den Priestern nicht gefiel.

Erfolgreicher Abwehrzauber in Sagen

Zahlreiche Sprüche und Legenden berichten von den Abwehrerfolgen der Pflanze. Häufig wird Dost zusammen mit einer anderen zauberkräftigen Pflanze genannt, nach dem Motto: Doppelt hilft besser. Meist sind es wie bei den nachfolgenden Sprichwörtern Johanniskraut (Hypericum perforatum) und Dorant. Bei Dorant könnte es sich um das Leinkraut (Linaria vulgaris) handeln. Zahlreiche Sagen bestätigen dem Dost beste Dämonenabwehr.

„Dost, Harthau und weiße Heidt/ Tun dem Teuffel vil Leidt.“

„Hardenau on Duscht/ Vertriebt em Deiwel alle Luscht.“

„Roter Dost und Dorant/ Ist den Hexen ihr Untergang.“

„Doran un Duß)/ is dem Daifel sin Verdruß!“

„Dostje und Hartheid / Is im Teufel´s größt Leid.“

„Hättest du nicht Dorant und Dosten/ Tät´s dich dein Leben kosten.“

„Baldrian, Dost und Dill,/ Kann die Hex nit wie sie will.“

Glossar
Harthau/Hardenau/Hartheid = Johanniskraut
Heidt = Heidekraut
Duscht/Duß/Dostje = Dost
Deiwel, Daifel = Teufel

Eine Sage aus Thüringen handelt von einer Frau im Wochenbett. Die Wöchnerin ging einst in den Keller, um Bier zu holen, als ihr ein böser Geist erschien. Zum Glück hatte sie zufällig Dost und Dorant bei sich. Da schrie der Geist erbost: „Hättest du nit Dorant und Dosten,/ Solltest du´s Bierle nit kosten!“ Mit anderen Worten: Hätte sie nicht beide Pflanzen bei sich getragen, hätte er sie getötet und sie wäre somit nicht mehr zum Biertrinken gekommen.

Der Dost in Sagen um teuflische Verführung

Häufig wurde der Teufel in den mittelalterlichen Erzählungen und Sagen auch als Verführer junger Mädchen geschildert.

Mädchen beim Gras holen verführt

In einer Sage aus der Oberpfalz heißt es: Ein Mädchen ging täglich zum Gras holen. Da traf sie unterwegs einen hübschen, jungen Burschen, der gestand ihr seine Liebe, und das gefiel ihr auch gut. Eines Tages holte sie wieder Gras und hatte dabei, ohne es zu beachten Wohlgemut (= Dost) und Widritad mit aufgenommen (mit Widritad war vermutlich ein Moos (Polytrichum commune) gemeint). Da traf sie wieder den jungen Mann, doch auf einmal entdeckte sie an ihm Hörner und Geißfüße. Der Dost hatte sie hellsichtig gemacht. Sie erschrak sich fast zu Tode. Der Böse machte sich angesichts der Abwehrkräuter aus dem Staub mit den Worten „Wohlgemut und Widritad/ Hat mich um mei fein Lieb gebracht.“

Hexe und Schülerin

Im Badischen ist die Geschichte einer Hexe und ihrer Schülerin überliefert. Die sollte den Schadzauber lernen, wie man Mäuse und Gewitter hext. Dazu war auch der lüsterne Teufel eingeladen. Die die Mutter hatte dem Mädchen heimlich Dost und Johanniskraut in die Kleider genäht. Als der Teufel das merkte, schrie er: „Dosten und Johanniskraut/ entführn mir meine Braut!“

Sträuße aus Dost im Brauchtum

Mütter heiratsfähiger Mädchen hängten Dost-Sträußchen am Fenster auf, um dem als jungen Burschen verkleideten Teufel den Einstieg zu verderben. Denn damals gab es noch die alten Liebesbräuche des Kiltens und Fensterlns. Unter Kilten (Schweiz) und Fensterln (Bayern) verstand man den heimlichen, nächtlichen Besuch des Freiers in der Schlafkammer seiner Geliebten. Bis zum Morgengrauen dauerte dieser „Kennenlern-Besuch“, und nicht selten landete man dabei „unter der Decke“. Dieses Brauchtum war noch bis vor 100 Jahren sehr verbreitet.

Gegrillter Feta mit Dost – ein antidämonischer Genuss!

Zutaten

  • 1 Knoblauchzehe (hilfreich gegen Vampire)
  • 200 g Feta
  • 4 El Olivenöl
  • 2 EL frischer Dost oder 2 TL getrocknet (hilfreich gegen Hexen und Teufel)
  • 1 Tomate
  • Salz und Pfeffer (auch Salz galt als antidämonisch)

Zubereitung

Verteile in einer Auflaufform etwas Öl und reibe sie mit einer Knoblauchzehe aus. Schneide dann den frischen Dost klein oder zerkleinere den getrockneten Dost zwischen den Handflächen. Feta mittig in 2 dünne Scheiben halbieren, mit Olivenöl beträufeln und beidseitig in Dost wälzen. Dann legst Du den Käse in die Auflaufform, darauf die in Scheiben geschnittene Tomate. Mit etwas Salz und Pfeffer würzen. Im vorgeheizten Ofen bei großer Hitze (240 Grad) 10–15 Minuten überbacken. Alternativ lässt sich der Feta auch auf dem Grill zubereiten. Mit Weißbrot servieren.

Hinweis! Für die Anwendung von Dost während der Schwangerschaft oder Stillzeit liegen noch keine Untersuchungen zur Unbedenklichkeit vor

Und zum Schluss …

Im Mittelalter spielten Pflanzenmagie und Pflanzenzauber und damit die Verwendung magischer Kräuter eine sehr große Rolle. Der Dost war deshalb früher nicht nur ein Heilmittel bei Husten und Verdauungsbeschwerden, sondern ein wichtiges magisches Schutz- und Abwehrkraut.

Literatur

Beiser R. Kraft und Magie der Heilpflanzen: Jahreskreisfeste, Brauchtum, Kräuterwissen und Rezepte. Ulmer: Stuttgart; 2019

Wichtiger Hinweis!

Wie jede Wissenschaft ist die Heilpflanzenkunde ständigen Entwicklungen unterworfen. Soweit in diesem Beitrag medizinische Sachverhalte, Anwendungen und Rezepturen beschrieben werden, handelt es sich naturgemäß um allgemeine Darstellungen, die eine individuelle Beratung, Diagnose und Behandlung durch eine Ärztin, einen Arzt oder eine/einen Apothekerin nicht ersetzen können. Jede/Jeder Nutzende ist für die etwaige Anwendung und vorherige sorgfältige Prüfung von Dosierungen, Applikationen oder sonstigen Angaben selbst verantwortlich. Autoren und Autorinnen und Verlag haben große Sorgfalt darauf verwendet, dass diese Angaben bei ihrer Veröffentlichung dem aktuellen Wissensstand entsprechen. Eine Haftung für Schäden oder andere Nachteile ist jedoch ausgeschlossen.

Für die meisten Heilpflanzen fehlen Studien zu Unbedenklichkeit bei der Anwendung in der Schwangerschaft und während der Stillzeit, sowie bei Säuglingen, (Klein-)Kindern und Jugendlichen unter 18 Jahren. Alle beschriebenen Anwendungen sollten daher, sofern nicht ausdrücklich im Beitrag anders beschrieben, bei diesen Personen und in diesen Lebensphasen nicht ohne ärztliche Zustimmung angewendet werden.

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